Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine individualrechtliche Unwirksamkeit einer Umgruppierung bei unterbliebene Beteiligung der Mitarbeitervertretung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Umgruppierung, die gem. § 42 c) MVG.EKD der eingeschränkten Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung unterliegt, ist keine Maßnahme i.S.v. § 38 Abs. 1 S. 2 MVG.EKD. Eine fehlende Mitbestimmung führt individualrechtlich nicht zu deren Unwirksamkeit.
Normenkette
MVG.EKD §§ 38, 42c
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 01.11.2000; Aktenzeichen 37 Ca 18573/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. November 2000 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 37 Ca 18573/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die für die Vergütung der Klägerin zutreffende Vergütungsgruppe.
Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit 1976 beschäftigt und als stellvertretende Pflegedienstleiterin tätig. In dem unter dem 18. April 1996 vereinbarten Nachtrag Nr. 3 zum Arbeitsvertrag vom 26. Februar 1990 heißt es u.a.:
„… § 2
Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung.
§ 3
Die Mitarbeiterin wird in die Vergütungsgruppe KR VIII
Einzelgruppenplan 74
Fallgruppe 20
eingestuft…”
Die Beklagte ist Mitglied im Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg e.V. (im Folgenden: DW BB). Seit dem 1. Oktober 1998 ist für das DW BB eine eigenständige arbeitsrechtliche Kommission gebildet. Gemäß § 2 Abs. 3 der Ordnung für die arbeitsrechtliche Kommission (im Folgenden: AK) vom 13. Juli 1999 gelten Beschlüsse der AK des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche Deutschlands (im Folgenden: DW EKD) erst nach Übernahme durch einen Beschluss der AK DW BB.
In einem Beschluss der AK DW BB vom 4. April 2000 wurden die Vergütungsregelungen der AVR DW EKD für bestimmte Berufsgruppen, unter anderem auch für die der Klägerin, weitgehend für nicht anwendbar erklärt. Für die dadurch betroffenen Arbeitnehmer wurden neue Vergütungsgruppen geschaffen. Das nach den neuen Vergütungsgruppen zu zahlende Arbeitsentgelt liegt deutlich unter dem nach den bisherigen Vergütungsgruppen. Bereits beschäftigte Arbeitnehmer erhalten zunächst eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen der bisherigen und der neuen Vergütung, die jedoch im Laufe der Zeit durch Vergütungserhöhungen und Höhergruppierungen aufgezehrt wird. Zudem mindert sich für die Berufsgruppe der Klägerin die persönliche Zulage ab 1. Januar 2000 jährlich um 12,5 %.
Die Klägerin war bisher nach Maßgabe des Einzelgruppenplanes 74, Fallgruppe 21. KR 8 der AVR (EKD) eingruppiert. Ihre Tätigkeit entspricht den Merkmalen der neuen Vergütungsgruppe PDL, Stufe 2.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab 31. Mai 2000 in die Vergütungsgruppe PDL, Stufe 2 eingruppiert werde. Die Beklagte stellte keinen Antrag auf Zustimmung zur Umgruppierung der Klägerin bei der bei ihr errichteten Mitarbeitervertretung.
Mit der am 5. Juli 2000 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin zuletzt die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihr weiterhin ab 1. Juni 2000 die Vergütung nach der bisherigen Vergütungsgruppe zu zahlen habe. Ferner hat sie die Gehaltsdifferenzbeträge für die Monate Juni 2000 bis Oktober 2000 von jeweils 45,05 DM brutto monatlich geltend gemacht.
Dabei hat sie die Ansicht vertreten, die Vereinbarung der Geltung der AVR DW EKD beinhalte nicht auch die Geltung der AVR DW BB, zumal die AK DW BB zur Zeit der Vereinbarung des Nachtrages Nr. 3 zum Arbeitsvertrag noch nicht existiert habe. Der Beschluss des vom 4. April 2000 sei grob unbillig. Auch eine arbeitsrechtliche Kommission dürfe nicht in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingreifen; hierzu bedürfe es stets einer Änderungskündigung. Im Übrigen sei die Umgruppierung wegen mangelnder Beteiligung der Mitarbeitervertretung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 MVG unwirksam.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr weiterhin ab 01.06.2000 Vergütung nach Maßgabe des Einzelgruppenplanes 74, Fallgruppe 21, KR 8 der AVR (EKD) zu zahlen.
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 225,25 DM brutto zu zahlen nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.11.2000.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Zur Erhaltung der in der Diakonie bestehenden Arbeitsplätze seien Einsparungen unter anderem im Personalbereich unerlässlich geworden. Vor Einführung der Pflegeversicherung hätten die Kostenträger bei der Preisfindung für die Leistungen in den entsprechenden Verhandlungen das Kostendeckungsprinzip angewendet, nunmehr geschehe die Preisfindung nicht mehr nach diesem Prinzip, vielmehr bestimme der billigste Anbieter den Preis für alle anderen Pflegedienste. Daher habe sie in den Jahren 1998 bis 1999 Verluste erwirtschaftet und ...