Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit einer Minderjährigen für die Wahl einer Altersversorgung bei Abschluß eines Arbeitsvertrages
Leitsatz (amtlich)
Die Wahl einer zusätzlichen Altersversorgung im Zusammenhang mit dem Abschluß eines Arbeitsvertrages ist als ein Rechtsgeschäft anzusehen, welches die Eingehung des Arbeitsverhältnisses betrifft (§ 113 Abs. 1 BGB).
Normenkette
BGB § 113
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 03.07.1997; Aktenzeichen 17 Ca 27759/96) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. Juli 1997 – 17 Ca 27759/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Gesamtversorgung gegen die Beklagte hat.
Die am 02. August 1949 geborene Klägerin wurde aufgrund eines Lehrvertrages vom 16./18. März 1965 bei der Beklagten ausgebildet. Der Lehrvertrag war von der Klägerin sowie ihren Eltern unterzeichnet worden. In § 12 des Lehrvertrages war als zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung eine Versicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) vorgesehen; die Regelung einer Höherversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) war gestrichen worden. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Lehrvertrages wird auf die Ablichtung auf Bl. 29 bis 32 d.A. Bezug genommen. Die Versicherung bei der VBL war eine Pflichtversicherung. Mit Wirkung vom 01. Januar 1967 wurde die Satzung der VBL geändert; bisher pflichtversicherte Arbeitnehmer konnten die Versicherung als freiwillige Versicherung weiterführen (§ 86 Abs. 4 der vom 01. Januar 1967 an geltenden VBL-Satzung). Die Lehrzeit der Klägerin endete am 31. März 1968.
Aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 22./28. März 1968 wurde die Klägerin ab dem 01. April 1968 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Diesen Arbeitsvertrag unterzeichnete die damals 18jährige Klägerin mit Zustimmung ihrer Eltern. Als zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung war eine Versicherung bei der VBL vorgesehen; die Regelung einer Höherversicherung bei der BfA war gestrichen. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Arbeitsvertrages vom 22./28. März 1968 wird auf die Ablichtung auf Bl. 133 und 134 d.A. Bezug genommen. Die Versicherung bei der VBL erfolgte in Form der freiwilligen Weiterversicherung.
Die Klägerin kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30. September 1968 und war in der Zeit vom 01. Oktober 1968 bis zum 30. Juni 1970 bei der Techniker-Krankenkasse beschäftigt. Während dieser Tätigkeit war die Klägerin bei der VBL pflichtversichert. Ob ein Wahlrecht zwischen der Versicherung bei der VBL und einer Höherversicherung bei der BfA bestanden hatte, ist zwischen den Parteien streitig.
Am 01. Mai 1970 unterzeichnete die damals 20jährige Klägerin mit Zustimmung ihrer Eltern einen Arbeitsvertrag, in dem die Parteien eine Beschäftigung der Klägerin als Angestellte ab dem 01. August 1970 vereinbarten. Hinsichtlich der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung war in dem Arbeitsvertrag weder die Höherversicherung bei der BfA noch die Versicherung bei der VBL gestrichen worden. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Arbeitsvertrages vom 28. April/01. Mai 1970 wird auf die Ablichtung auf Bl. 46 und Bl. 46R d.A. Bezug genommen.
Gleichzeitig mit dem Arbeitsvertragsformular erhielt die Klägerin von der Beklagten eine Erklärung übersandt, welche die Klägerin ebenfalls am 01. Mai 1970 unterzeichnete (Ablichtung Bl. 6 d.A.). Diese an die „BV Berlin” gerichtete Erklärung hatte folgenden Inhalt:
„Betr.: Zusätzliche Altersversorgung – Merkblatt Als Zusatzversicherung nach Anlage 7 Nr. 2 EKT wähle ich
die Pflichtversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
(Nichtzutreffendes bitte streichen)
Ich bin darüber unterrichtet, daß bei einer Entscheidung für die Pflichtversicherung bei der VBL ein Anspruch auf eine Gesamtversorgung gegen die KKH nach Anl. 7 Abschn. C EKT nicht besteht.”
Am 03. Juli 1970 heiratete die Klägerin, am 01. August 1970 begann das zweite Arbeitsverhältnis der Parteien, und am 02. August 1970 wurde die Klägerin mit Erreichen des 21. Lebensjahres volljährig.
Im September 1970 erstattete die VBL der Klägerin auf deren Antrag hin ihre für die Zeit vom 01. Januar 1966 bis zum 30. Juni 1970 geleisteten Beiträge; dies wurde der Klägerin mit Schreiben vom 09. September 1970 mitgeteilt (Ablichtung Bl. 131 d.A.).
In der Zeit bis zum 31. Dezember 1972 zog die Beklagte monatlich vom Gehalt der Klägerin die von der Klägerin zu tragenden Beitragsanteile für die VBL-Pflichtversicherung ab und überwies diese an die VBL. Der Gehaltsabzug wurde jeweils in den Gehaltsabrechnungen vermerkt. Ab dem 01. Januar 1973 hatte die Beklagte die Beiträge, die fortan Umlage genannt wurden, alleine zu tragen.
Seit Juni 1993 war die Klägerin aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig. Am 06. Dezember 1994 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erwerbsunfähig...