Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel
Leitsatz (redaktionell)
Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf den BAT-Bund/Länder in einer kirchlichen Einrichtung in Berlin kann dazu führen, dass bzgl. Arbeitszeit und Vergütung der Anwendungs-TV Land Berlin Anwendung findet.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 09.06.2004; Aktenzeichen 78 Ca 6720/04) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 09.06.2004 – 78 Ca 6720/04 – abgeändert.
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch darüber, welche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von der Klägerin zu erbringen und welche Vergütung hierfür von der Beklagten zu zahlen ist.
Die Beklagte ist eine kirchliche Einrichtung, die in Berlin vor allem im Bereich der Alten-, Behinderten- und Jugendhilfe tätig ist, wobei mehrere dieser Einrichtungen Zuwendungsempfänger im Sinne der Anlage 1 zu § 44 LHO sind. Die Beklagte ist Mitglied im D. Werk Berlin-Brandenburg e.V. (DWBB).
Die Arbeitsverträge der Beklagten verweisen seit den sechziger Jahren u.a. auf die Regelungen der Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes. Bereits am 10. Juni 1975 beschloss das Kuratorium der Beklagten, die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) einheitlich einzuführen. Dem vorausgegangen war am 30. April 1975 ein vergleichbarer Beschluss der Mitarbeitervertretung. Aus Gründen des Bestandsschutzes wurde festgelegt, dass für die Eingruppierung und Vergütung weiterhin die Regelungen des öffentlichen Dienstes Anwendung finden sollten. Die Beklagte wendete bei der praktischen Umsetzung hinsichtlich der Vergütung auch Regelungen an, die nur im öffentlichen Dienst des Landes Berlin galten. In den neueren Verträgen bei der Beklagten wird sowohl hinsichtlich der Vergütung als auch der Arbeitszeit zum Teil nur noch auf die AVR Bezug genommen.
Die Klägerin war bei der Beklagten zunächst auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 26. November 1990 (Bl. 50 d.A.) als Verwaltungsangestellte beschäftigt. In diesem Vertrag heißt es u.a.:
„…Eingruppierung und Vergütung erfolgen für Angestellte nach dem Bundesangestelltentarifvertrag – BAT/Bund/Länder – und für Lohnempfänger nach dem Bundesmanteltarifvertrag – BMT/G – in der Gruppe BAT VII Fallgruppe 1 a….”
Im Folgenden sind dann in dem Vertrag das Grundgehalt, der Ortszuschlag und die Angestelltenzulage mit den jeweiligen Beträgen angegeben. Weiterhin heißt es:
„… Gesamtmonatsbezüge Brutto DM 2.590,24 davon 19,25/38,50 = 1.295,12.
Die Arbeitszeit beträgt 19,25 Stunden/Woche gemäß AVR
Grundlagen dieses Arbeitsvertrages sind im Übrigen die Arbeitsvertragsrichtlinien des D. Werkes der e. Kirche in Deutschland in der jeweils gültigen Fassung….
Sonstige Vereinbarungen die vereinbarte Arbeitszeit beträgt 20 Stunden/Woche mit Ansparung dienstfreier Arbeitstage gemäß § 9 e AVR. Bei allgemeiner Änderung der Arbeitsvertragsrichtlinien verändert sich die Stundenzahl entsprechend….”
In dem nachfolgenden unbefristeten Arbeitsvertrag vom 16. Mai 1991 (Bl. 51 d.A.) heißt es u.a. wie folgt:
„… Gesamtmonatsbezüge brutto DM 2.745,65 davon 19,25/38,50 = 1.372,83
Die Arbeitszeit beträgt zur Zeit 19,25 Stunden/Woche, 50 % eines Vollbeschäftigten.
Bestandteil dieses Arbeitsvertrages sind im Übrigen die Arbeitsvertragsrichtlinien des D. Werkes der e. Kirche in Deutschland sowie die mit der Mitarbeitervertretung des e. J. abgeschlossenen Dienstvereinbarungen….
Sonstige Vereinbarungen Ab 1. Juni 1991 erfolgt eine Erhöhung der Arbeitszeit auf 28,88 Stunden/Woche und demzufolge die Zahlung des Essenzuschlages in Höhe von DM 19,– brutto monatlich…”
Unter Hinweis auf den Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes (Anwendungs-TV Land Berlin) vom 31. Juli 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit einem Schreiben vom 9. Dezember 2003 (Bl. 8-9 d.A.) u.a. mit, dass ab dem 1. Januar 2004 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für sie nur noch 69 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, also 26,57 Stunden pro Woche betrage. Ab dem 1. Januar 2004 zahlte die Beklagte an die Klägerin ein um 149,90 EUR brutto monatlich verringertes Entgelt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass der im öffentlichen Dienst des Landes Berlin gültige Anwendungstarifvertrag nicht zu berücksichtigen sei. Auf ihn sei in dem Arbeitsvertrag nicht Bezug genommen worden. Die dort geregelte „besondere regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit” gelte für sie nicht. Im Übrigen ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag, dass der BAT nur für die Vergütung, nicht jedoch für die Arbeitszeit gelte. Diese würde durch die AVR geregelt werden. Die Beklagte sei verpflichtet, ihr für die Monate Januar bis einschließlich März 2004 449,70 EUR brutto zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, ...