Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Fälligkeit eines Bereicherungsanspruches im Rahmen einer tariflichen Ausschlußfrist
Leitsatz (amtlich)
Solange ein Heranziehungsbescheid einer Betriebskrankenkasse, gegen den der Arbeitgeber Widerspruch erhoben hat, noch nicht formell bestandskräftig ist, kann auch die Fälligkeit eines Bereicherungsanspruches gegenüber dem Arbeitnehmer nach § 70 Abs. 1 BAT in der Regel nicht eintreten.
Normenkette
BAT § 70 Abs. 1; BGB § 812 Abs. 1; SGG §§ 77, 86; SGB X §§ 62, 66
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 05.02.1987; Aktenzeichen 20 Ca 127/86) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. Februar 1987 – 20 Ca 127/86 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Beklagte war in der Zeit vom 1. Mai 1981 bis zum 31. März 1983 als Lehrkraft im Rahmen der Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und sozialen Eingliederung junger Ausländer (MBSE) an der Volkshochschule Tiergarten tätig. Der Kläger beschäftigte den Beklagten als freien Mitarbeiter. Sozialversicherungsbeiträge wurden von der Vergütung des Beklagten nicht einbehalten und für ihn auch nicht abgeführt. Der Kläger zahlte jedoch Zuschüsse zur freiwilligen Krankenversicherung des Beklagten in Höhe von insgesamt 3.789,64 DM.
Durch Bescheid vom 30. November 1984 stellte die Betriebskrankenkasse des Landes und der Stadt Berlin (BKK) fest, daß der Beklagte nach den vom Kläger gemachten Angaben in der fraglichen Zeit in einem Arbeitsverhältnis als Angestellter gestanden habe und deshalb der Versicherungs- und Beitragspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch nahm das Land Berlin am 3. November 1986 zurück, nachdem das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 28. Mai 1986 – 7 AZR 25/85 – den Streit über den Status der im Rahmen der MBSE-Maßnahmen beschäftigten Lehrkräfte grundsätzlich entschieden hatte. Wegen der fehlenden aufschiebenden Wirkung des Widerspruches wurde mit Schreiben vom 24. Januar 1986 die Nachentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge verfügt und der Beklagte erfolglos zur Rückzahlung der Zuschüsse aufgefordert. Die von ihm an die DAK geleisteten Beiträge von 10.017,36 DM sind ihm am 1. Mai 1985 erstattet worden.
Mit einem dem Beklagten am 5. November 1986 zugestellten Mahnbescheid, gegen den er Widerspruch erhoben hatte, hat das Land Berlin seinen Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung weiterverfolgt. Auf § 818 Abs. 3 BGB könne sich der Beklagte, so hat der Kläger ausgeführt, nicht berufen, da er gemäß § 819 Abs. 1 BGB verschärft hafte. Dies ergebe sich zum einen daraus, daß der Beklagte unstreitig bereits mit Schreiben vom 24. Januar 1986 zur Rückzahlung der erhaltenen Zuschüsse aufgefordert worden sei und zum anderen aus seiner Kenntnis des Inhalts eines ihm überreichten Merkblattes, das über die Möglichkeit der Anrechnung von Zuschüssen auf Beitragsanteile informiere. Die Ausschlußfrist des § 70 BAT greife nicht Platz, da beide Parteien zum Zeitpunkt der Gewährung der Zuschüsse davon ausgegangen seien, daß der Beklagte freier Mitarbeiter sei und der BAT deshalb keine Anwendung finde. Überdies sei die Fälligkeit der Forderung frühestens mit der Nachentrichtung der Beiträge im März 1986 eingetreten. Wenn sich der Beklagte auf den Schutz des § 70 BAT berufe, dann verstoße er gegen Treu und Glauben.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.789,64 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 5. November 1986 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß der Zahlungsanspruch des Klägers verfallen sei. Die Fälligkeit des Rückforderungsanspruches sei mit dem Erlaß des Heranziehungsbescheides der BKK im Jahre 1984 eingetreten, so daß die Zahlungsaufforderung vom 24. Januar 1986 verspätet erfolgt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, §§ 313 Abs. 2, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
Durch am 5. Februar 1987 verkündetes Urteil hat die Kammer 20 des Arbeitsgerichts Berlin dem Klagebegehren entsprochen und den Wert des Streitgegenstandes auf 3.789,64 DM festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der genannten Entscheidung verwiesen.
Gegen das seinen Prozeßbevollmächtigten am 12. März 1987 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 28. März 1987 eingegangene Berufung des Beklagten, die er mit weiterem beim Rechtsmittelgericht am 28. April 1987 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Der Beklagte meint auch in der Rechtsmittelinstanz, daß der Rückerstattungsanspruch bereits mit dem Heranziehungsbescheid der BKK vom 4. Dezember 1984 fällig geworden sei. Der vom beklagten Land gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch habe keine aufschiebende Wirkung gehabt, so daß die entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung hätten ab...