Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltung des BAT bzw. BAT-O bei Wechsel des Arbeitsortes von Ost- nach Westberlin und zurück
Leitsatz (amtlich)
Der in Ostberlin wohnende, bei einer Jugendhilfeeinrichtung des Magistrats von Ostberlin beschäftigte (und nach dem 03.10.1990 weiterbeschäftigte) Kläger wurde im September 1991 „zum Zwecke des Erfahrungsaustausches” in eine vergleichbare Einrichtung derselben Dienststelle in Westberlin umgesetzt und verblieb dort, als die ostberliner Einrichtung im März 1992 wegen Umbauarbeiten vorübergehend geschlossen wurde. Während der Umbauarbeiten wurde für die vereinigte Einrichtung ein neuer Standort in Gesamtberlin gesucht; schließlich wurde die Entscheidung getroffen, diese nach Abschluß der Baumaßnahmen in den Räumen der ostberliner Einrichtung unterzubringen; der Umzug erfolgte im April 1994.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß auf sein Arbeitsverhältnis seit September 1991 der BAT (West) Anwendung finde.
Das LAG hat diesem Antrag für die Zeit des „West-”Einsatzes (September 1991 bis April 1994) entsprochen, ihn für die Zeit danach jedoch abgewiesen.
Normenkette
BAT-O § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 22.02.1995; Aktenzeichen 22 Ca 34189/94) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Februar 1995 – 22 Ca 34 189/94 – teilweise geändert:
Es wird festgestellt, daß für das Beschäftigungsverhältnis zwischen den Parteien vom 9. September 1991 bis zum 13. April 1994 der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) sowie dessen ergänzende und ändernde Tarifverträge in der jeweiligen Fassung gegolten haben.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden beiden Parteien je zur Hälfte auferlegt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob auf das Beschäftigungsverhältnis des Klägers seit dem 7. September 1991 der BAT (West) anzuwenden ist.
Der (seit November 1990 der ÖTV angehörende) Kläger war seit 16. Juni 1990 als Betreuer bei einer (dem Magistrat von Ostberlin unterstellten) sozialpädagogischen Beratungsstelle im „Haus der Jugendhilfe” im Bezirk …, 13, beschäftigt, die nach der Vereinigung auf das Land Berlin überführt wurde. Im Westteil der Stadt existierte in der … Straße im Bezirk … eine vergleichbare Einrichtung, der „Jugendnotdienst”. Seit dem Sommer 1991 plante die für beide Einrichtungen zuständige Senatsverwaltung für Jugend und Familie eine organisatorische Zusammenführung zu einem einheitlichen Jugendnotdienst mit Unterbringungsmöglichkeiten für Jugendliche an beiden Standorten sowie einer zentralen Anlauf- und Beratungsstelle, die entweder in der …straße oder in der … Straße oder an einem anderen zentralen Ort angesiedelt werden sollte.
Mit Wirkung ab 9. September 1991 wurde der Kläger „zum Zwecke des Erfahrungsaustausches” in den Jugendnotdienst in der … Straße umgesetzt. In einer Mitteilung des Einrichtungsleiters vom 16. September 1991 an die Senatsverwaltung ist davon die Rede, dies geschehe „bis voraussichtlich 31.10.1991”; dem Kläger selbst wurde eine exakte zeitliche Begrenzung nicht mitgeteilt. Tatsächlich blieb der Kläger über den 31.10.1991 hinaus in der … Straße. Anfang März 1992 wurden die Räume in der …straße wegen Umbauarbeiten vorübergehend geschlossen; sämtliche dort tätigen Kollegen des Klägers wurden nunmehr ebenfalls in die … Straße umgesetzt. In der Folgezeit suchte man, teilweise unter Mitwirkung der Mitarbeiter, nach Räumlichkeiten für die zentrale Anlauf- und Beratungsstelle, bis schließlich zu einem nicht bekannten Zeitpunkt die Entscheidung fiel, diese in der …straße unterzubringen. In einem an das Abgeordnetenhaus gerichteten Bericht der Senatsverwaltung vom 8. September 1992 heißt es insoweit: „Derzeit befindet sich die Beratungsstelle im Jugendnotdienst …. Nach baulicher und technischer Vorbereitung ist Ende 1992 wegen besserer räumlicher Bedingungen ein Umzug in die …straße (…) vorgesehen.” Infolge unvorhergesehener baulicher Mängel verzögerte sich die Fertigstellung. Tatsächlich zog der Beratungsdienst mit sämtlichen Mitarbeitern, darunter dem Kläger, am 14. April 1994 in die …straße. Der Kläger erhielt und erhält durchgehend Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BAT-O.
Nachdem die Senatsverwaltung durch Rundschreiben vom 11. November 1992 (Kopie Bl. 35 bis 39 d. A.) versucht hatte, die Auswirkungen der sogenannten „Post-Urteile” des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Juli 1992 (6 AZR 11 und 12/92) auf die Verwaltungen des Landes Berlin darzustellen, kam der Kläger auf den Gedanken, er sei nunmehr nach dem BAT zu behandeln und zu vergüten. Er machte deshalb zu einem nicht vorgetragenen Zeitpunkt schriftlich seine „Ansprüche auf Einstufung nach BAT” geltend und verfolgt dieses Ziel mit seiner am 22. November 1994 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten Klage.
Durch Urteil vom 22. Februar 1995...