Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Günstigkeitsklausel

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der Versorgungsvereinbarungen VV 67 und VV 70 SFB führt zum Ergebnis, dass der vorzunehmende Günstigkeitsvergleich zwischen den beiden Versorgungsvereinbarungen auf den Zeitraum beschränkt war, in dem die VV 67 gegenüber der VV 70 nicht mehr günstiger sein konnte.

 

Normenkette

Versorgungsvereinbarung des SFB

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 14.04.2004; Aktenzeichen 86 Ca 30669/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.06.2006; Aktenzeichen 3 AZR 212/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. April 2004 – 86 Ca 30669/03 – dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Ansprüche des Klägers aus betrieblicher Altersversorgung.

Der am … 1933 geborene Kläger war vom 01. August 1954 bis zum 28. Februar 1998 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger, dem Sender F. B. (SFB) als Journalist beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12. März 1956 (Bl. 10 d.A.) hatten die Parteien die Anwendung der Tarifverträge des SFB vereinbart.

Am 12. September 1963 wurde dem Kläger eine Versorgungszusage auf der Grundlage der damals geltenden Versorgungsvereinbarung vom 31. März 1960 in der Fassung vom 1. April 1963 erteilt.

Am 30. Oktober 1967 schlossen der SFB und die zuständigen Gewerkschaften eine weitere Versorgungsvereinbarung (im Folgenden: VV 67), die die bisherige Versorgungsvereinbarung ersetzte. Nach deren § 3 betrug die Wartezeit zehn Jahre, nach § 6 Ziff. 2 betrug das Altersruhegeld bei Vollendung der Wartezeit 40 % des zuletzt bezogenen ruhegeldfähigen Einkommens und stieg nach Vollendung des 10. bis zur Vollendung des 20. Beschäftigungsjahrs um 1 % je Beschäftigungsjahr bis zum Höchstsatz von 50 % des ruhegeldfähigen Einkommens. Wegen des weiteren Inhalts im Einzelnen wird auf die Fotokopie (Bl. 13-17 d.A.) verwiesen.

Mit der unter dem 2. April 1970 geschlossenen Tarifvertragsvereinbarung Nr. 5/70 (TR-Nr. 15875) (im Folgenden: VV 70) vereinbarten die Tarifvertragsparteien u.a. Änderungen der VV 67. Nach dem neuen § 6 Ziff. 2 sollte das Altersruhegeld nach Vollendung der Wartezeit nunmehr 35 % des zuletzt bezogenen, ruhegeldfähigen Einkommens betragen und nach Vollendung des 10. bis zur Vollendung des 20. Beschäftigungsjahrs je Jahr um 2 % und nach Vollendung des 20. bis zum vollendeten 25. Beschäftigungsjahr je Jahr um 1 % bis zum Höchstsatz von 60 % des ruhegeldfähigen Einkommens ansteigen.

Ferner wurde die Protokollnotiz zur Versorgungsvereinbarung u.a. wie folgt geändert:

„Neue Ziffer 4:

Bei Eintritt eines Versorgungsfalls wird die Rente sowohl nach der alten aus auch nach der neuen SFB-Versorgungsvereinbarung berechnet. Der Versorgungsberechtigte erhält die höheren Bezüge.”

In einer weiteren Tarifvertragsvereinbarung Nr. 12/72 (TR-Nr. 18610) vom 13. Januar 1972 regelten die Tarifvertragsparteien weitere Änderungen der Versorgungsvereinbarung. Es wurde ein § 19 hinzugefügt, der wie folgt lautet:

§ 19 – Inkrafttreten –

„Diese Versorgungsvereinbarung (neues Recht) tritt mit Wirkung ab 1.1.1970 in Kraft. Die Versorgungsvereinbarung (altes Recht) vom 30.10.1967 bleibt aufgrund der Günstigkeitsklausel laut Protokollnotiz gültig.”

Ferner wurde geregelt:

Die Überschrift „Protokollnotiz zur Versorgungsvereinbarung” erhält zusätzlich den Wortlaut:

„(Aus der Vereinbarung vom 2.4.1970).”

Unter dem 20. Mai 1986 schlossen die Tarifvertragsparteien die Tarifvertragsvereinbarung Nr. 1/86 (TR-Nr. 36599), in der sie unter anderem eine Gesamtversorgungsobergrenze festsetzten. Damit vollzogen die Tarifvertragsparteien das nach, was im öffentlichen Dienst seit 1986 gilt. Denn die Belastungen des Bruttoeinkommens der aktiven Arbeitnehmer waren inzwischen so angestiegen, dass ihr Nettoeinkommen geringer war als das Nettoeinkommen der Betriebsrentner.

Die Regelung lautet wie folgt:

„Die zum 31.12.1984 gekündigte Versorgungsvereinbarung des SFB in der Fassung gemäß Tarifvertragsvereinbarungen Nr. 5/70 vom 02.04.1970 und Nr. 12/72 vom 13.01.1972 gilt weiterhin in der bisherigen Fassung mit der nachfolgenden Ergänzung:

I. Ergänzung zu TZ 721 MTV

(§ 12 Ziff. (6) ff. der SFB-Versorgungsvereinbarung)

Die Gesamtversorgungsbezüge dürfen als Nettogesamtversorgung 90 % des jeweiligen Nettovergleichseinkommens (Gesamtversorgungsobergrenze) nicht übersteigen. Das Nähere bestimmt die Versorgungsvereinbarung des SFB unter Beachtung folgender Grundsätze:

(…)

II. Inkrafttreten

Diese Regelung gilt ab 1. Juli 1986.

III. Übergangsregelung

1. Die Gesamtversorgungsobergrenze beträgt für Versorgungsberechtigte, die

  1. am 1. Januar 1986 Leistungen nach der Versorgungsvereinbarung des SFB beziehen oder
  2. deren versorgungsfähige Rundfunkdienstzeit vor dem 1. Januar 1985 begonnen hat,

91,75 % des Nettovergleichseinkommens.

(…)

5. Bei Versorgungsberechtigten, di...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge