Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf den BAT-Bund/Länder in einer kirchlichen Einrichtung nach Inkrafttreten des Anwendungs-TV Land Berlin bezüglich der Arbeitszeit und Vergütung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bestimmt ein Arbeitsvertrag hinsichtlich Arbeitsvergütung und Arbeitszeit eine Verweisung auf den BAT-Bund/Land und anschließend „im Übrigen” eine Anwendung der AVR, so bestimmen sich Arbeitszeit und Vergütung nach den Regelungen des BAT und lediglich die sonstigen Vertragsbedingungen nach den Bestimmungen der AVR. Deren Arbeitsvergütungs- und Arbeitszeitregelungen kommen dann nicht zur Anwendung.

 

Normenkette

Anwendungs-TV Land Berlin §§ 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 21.10.2004; Aktenzeichen 66 Ca 16487/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 05.04.2006; Aktenzeichen 4 AZR 244/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.10.2004 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 66 Ca 16487/04 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin seit dem 1. Januar 2004 und über damit in Zusammenhang stehende Vergütungsdifferenzen für die Monate Januar bis Juli 2004 in der unstreitigen Höhe von insgesamt 1.665,72 EUR brutto.

Die Klägerin ist mit schriftlichem Arbeitsvertrag vom 26. Oktober 1993 seit diesem Tag bei der Beklagten als Leiterin der Hauptkasse beschäftigt. Ihr Bruttomonatsentgelt für Dezember 2003 betrug 2.531,56 EUR bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden.

Die Beklagte, eine kirchliche Einrichtung im Bereich der Alten-, Behinderten- und Jugendhilfe, beschäftigt ca. 1.450 Arbeitnehmer/innen. Mehrere Einrichtungen der Beklagten sind Zuwendungsempfänger im Sinne der Anlage 1 zu § 44 der Landeshaushaltsordnung (LHO) des Landes Berlin. Sie unterliegen dem sogenannten Besserstellungsverbot, wonach ihre Mitarbeiter nicht besser vergütet werden dürfen als vergleichbare Angehörige des öffentlichen Dienstes in Berlin.

Die Beklagte ist Mitglied im D. Werk Berlin-Brandenburg e.V.. Beide Parteien sind nicht tarifgebunden.

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 26. Oktober 1993 heißt es unter anderem:

„Eingruppierung und Vergütung erfolgen für Angestellte nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag – BAT – Bund/Länder und für Lohnempfänger nach dem Bundesmanteltarifvertrag – BMT/G – …”

In der folgenden Zeile ist unter Vergütungsgruppe BAT V b Fallgruppe 4 angegeben und in den folgenden Zeilen sind das Grundgehalt, der Ortszuschlag, die Angestelltenzulage sowie die Gesamtmonatsbezüge brutto plus 1/2 OZ 1:2 mit jeweils konkreten Beträgen aufgeführt. Unter diesen Angaben heißt es:

„Die Arbeitszeit beträgt z.Zt. 38,50 Stunden/Woche, 100 % eines Vollbeschäftigten.

Nach einem Absatz heißt es weiter:

Bestandteil dieses Arbeitsvertrages sind im Übrigen die Arbeitsvertragsrichtlinien des D. Werkes der …. Kirche in Deutschland sowie die mit der Mitarbeitervertretung … abgeschlossenen Dienstvereinbarungen.”

Für die weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags wird auf die bei den Akten befindliche Kopie (Bl. 4 und 5 d.A.) Bezug genommen.

Am 10. Juni 1975 hatte das Kuratorium der Beklagten beschlossen, die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht umfassend angewendeten Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) einheitlich einzuführen (Bl. 127 d.A.). Aus Gründen des Bestandsschutzes wurde festgelegt, dass für die Eingruppierung und Vergütung weiterhin die bis zum damaligen Zeitpunkt geltenden Regelungen des öffentlichen Dienstes Anwendung finden sollten.

In den neueren Verträgen wurde sowohl hinsichtlich der Vergütung als auch der Arbeitszeit nur noch auf die AVR Bezug genommen. Bei der Beklagten kommen auch einige andere Tarifverträge zur Anwendung, so z.B. aus dem Bereich Gebäudereinigung, Hotel- und Gaststättengewerbe u.a..

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2003, der Klägerin am 11. Dezember 2003 zugegangen, kündigte die Beklagte an, dass ab dem 1. Januar 2004 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin entsprechend den Regelungen im öffentlichen Dienst des Landes Berlin nur noch 90 % ihrer bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit betragen werde und damit durchschnittlich 34,65 Stunden wöchentlich (Bl. 6 und 7 d.A.). Mit Schreiben vom 20. Dezember 2003 widersprach die Klägerin und bot weiterhin eine Arbeitszeit von 38,5 Stunden wöchentlich an.

Seit Januar 2004 erhielt die Klägerin entsprechend der verringerten wöchentlichen Arbeitszeit eine um 10 % verminderte Vergütung.

Mit der bei Gericht am 6. Juli 2004 eingegangenen, der Beklagten am 14. Juli 2004 zugestellten Klage verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche zur Arbeitszeit und Vergütung weiter.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Anwendungstarifvertrag des Landes Berlin könne auf ihr Arbeitsverhältnis keine Anwendung finden, da er arbeitsvertraglich nicht in Bezug genommen sei. Im Übrigen werde im Anwendungstarifvertrag auch nur eine „besondere re...

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