Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung. Sozialwidrigkeit. Entgeltkürzung. Änderung des Entlohnungsgrundsatzes
Leitsatz (amtlich)
Zur Sozialwidrigkeit einer Änderungskündigung mit dem Ziel, im Arbeitsverhältnis künftig anstelle der tariflichen Regelungen der Metallindustrie die des öffentlichen Dienstes anzuwenden (Änderungskündigung zur Entgeltkürzung
Normenkette
KSchG § 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 03.03.1998; Aktenzeichen 34 Ca 37406/97) |
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 03.03.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 34 Ca 37406/97 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristgemäßen Änderungskündigung seitens der Beklagten.
Die Beklagte widmet sich als gemeinnützige Stiftung privaten Rechts der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung insbesondere jugendlicher Strafgefangener und Haftentlassener sowie der Durchführung beruflicher Bildungsmaßnahmen für sozial benachteiligte Jugendliche. Hierzu führt sie u.a. in stiftungseigenen Werkstätten berufsfördernde Maßnahmen in 18 handwerklichen Bereichen durch. Die Beklagte arbeitet ohne Gewinnerzielung kostendeckend. Sie finanziert sich im wesentlichen durch Zuschüsse der Arbeitsämter (1996: 46,8 % der Erlöse). Entgelte der Bezirksämter (1996: 26,9 % der Erlöse) und Zuwendungen von Senatsseite für Berufsbildungsmaßhahmen (1996: 21,5 % der Erlöse).
Mit Stand vom 30. Juni 1997 beschäftigte die Beklagte 200 Arbeitnehmer, von denen sie 116 in Anlehnung an den BAT und 84 in Anlehnung an die Tarifverträge für die Metallindustrie entlohnte. Seit 1. April 1995 wird bei Neueinstellungen ausschließlich der BAT vereinbart.
Der Kläger ist seit 1. Juli 1989 bei der Beklagten als Angestellter in der handwerklichen Ausbildung für Schilder- und Lichtreklameherstellung beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 26. Mai 1989 (Bl. 4/5 d.A.) sind die Tarifverträge für die Berliner Metallindustrie im wesentlichen in Bezug genommen. Danach betrug sein Bruttogehalt zuletzt 5.278,– DM, er erhielt eine vermögenswirksame Leistung von monatlich 52,– DM, ein Urlaubsgeld von 3.641,80 DM und ein Weihnachtsgeld von 5.278,– DM. Die mit ihm vereinbarte wöchentliche. Arbeitszeit betrug zuletzt 36,25 Stunden.
In einer gemeinsamen Besprechung zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat am 10. April 1997 erläuterte die Beklagte dem Betriebsrat ihr Vorhaben, künftig nur noch den BAT anzuwenden und die hierfür maßgeblichen Gründe. Der Betriebsrat forderte die Gewährung einer Ausgleichszulage zur Besitzstandswahrung. Diesem Verlangen kam die Beklagte nach. Mit Schreiben vom 28. April 1997 (Bl. 117/118 d.A.) legte die Beklagte ihr Vorhaben nochmals schriftlich dar. Nach Beratung mit den zuständigen Gewerkschaften erklärte der Betriebsrat der Beklagten mit. Schreiben vom 13. Mai 1997 (Bl. 120 d.A.) seine Zustimmung zur Umstellung der Vergütung der Mitarbeiter der Beklagten vom Berliner Metalltarif auf Vergütungsgruppen des BAT ab 1. Januar 1998. Zur Eingruppierung der Mitarbeiter in die Vergütungsgruppen des BAT fand am 29. April 1998 ein Gespräch zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat statt. Dabei wurden die Eingruppierungen diskutiert und bei einigen Mitarbeitern auf Intervention des Betriebsrates nochmals verändert. Die Listen der von den Umgruppierungen betroffenen Mitarbeitern mit jeweils alter und neuer Vergütungsgruppe wurden vom Betriebsratsvorsitzenden unterschrieben.
Ende Mai 1997 bat die Beklagte sodann die Arbeitnehmer mit Arbeitsverträgen nach Metalltarif um Einverständnis zur Anwendung des BAT ab 1. Januar 1998. 71 Arbeitnehmer erklärten ihr Einverständnis. Die übrigen 13 Arbeitnehmer, darunter der Kläger, erhielten Änderungskündigungen. Im Falle des Klägers teilte die Beklagte dem Betriebsratsvorsitzenden mit Schreiben vom 14. August 1997 (Bl. 42 d.A.) mit, sie beabsichtige, ihm eine Änderungskündigung zum 31. Dezember 1997 auszusprechen. Als Anlagen waren u.a. die Änderungskündigung und die Kopie des neuen Arbeitsvertrages beigefügt. Der Betriebsrat teilte mit Schreiben vom 14. August 1997 an die Geschäftsleitung der Beklagten sein Einverständnis mit.
Mit Schreiben vom 29. August 1997 (Bl. 7/8 d.A.), dem der neue Anstellungsvertrag (Bl. 85/86 d.A.) beigefügt war, kündigte die Beklage das bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1997 und bot dem Kläger gleichzeitig die Weiterbeschäftigung zu den im einzelnen aufgeführten Punkten nach den Regelungen des BAT ab 1. Januar 1998 an. Danach soll der Kläger ab diesem Zeitpunkt ein tarifliches Gesamtgehalt von 5.198,51 DM und eine monatliche Ausgleichszahlung zur Besitzstandswahrung von 79,49 DM, die auf Tarif Steigerungen, Veränderungen des Ortszuschlages und der Lebensaltersstufe angerechnet wird, erhalten. Neben den vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 13,– DM sehen die Änderungen der Arbeitsbedingungen die Zahlung eines Urlaubsgeldes in Höhe von 500,– DM, eines Weihnachtsgeldes in Höhe von 4.876,35 DM und eine w...