Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung des Arbeitsverhältnisses einer Fremdsprachenlektorin. Ausländerdiskriminierung
Leitsatz (amtlich)
Übertragung der vom EuGH in Art. 27 Abs. 3 BayHSchLG entwickelten Grundsätze auf § 112 Abs. 1 S. 2 BerlHG 1986.
Normenkette
EGVtr Art. 48 Abs. 2 (jetzt Art. 39 Abs. 2 EG); GG Art. 5 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 28.07.1994; Aktenzeichen 17 Ca 6926/94) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. Juli 1994 – 17 Ca 6926/94 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der spanische Staatsbürgerschaft besitzenden Klägerin als Fremdsprachenlektor aufgrund ihres Arbeitsvertrages vom 25. April 1989 wirksam bis zum 31. März 1994 befristet war.
Das Arbeitsgericht Berlin hat der auf Feststellung unbefristeten Fortbestands gerichteten Klage stattgegeben und die Beklagte zugleich zur vorläufigen Weiterbeschäftigung der Klägerin verurteilt. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH ausgeführt, der arbeitsvertraglich vereinbarte Befristungsgrund des § 57 b Abs. 3 HRG verstoße gegen Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag. Es stelle eine mittelbare Diskriminierung dar, daß für Fremdsprachenlektoren allein aufgrund der Art ihrer Tätigkeit die Möglichkeit einer Befristung vorgesehen sei, diese aber ganz überwiegend ausländische Staatsangehörige seien. Demgegenüber müßten bei sonstigen Lehrkräften mit besonderen Aufgaben darüber hinausgehende sachliche Gründe vorliegen. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Da es der Hochschule freistehe, Arbeitsverhältnisse auch mit Fremdsprachenlektoren zu befristen, sofern dafür ein über § 57 b Abs. 3 HRG hinausgehender Grund vorliege, sei Art. 5 Abs. 3 GG nicht verletzt.
Aufgrund der festgestellten Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses sei die Beklagte zur Wiederbeschäftigung der Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits verpflichtet.
Gegen dieses ihr am 5. August 1994 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. September 1994 eingelegte und am 30. September 1994 begründete Berufung der Beklagten. Sie ist der Ansicht, daß es für die Frage einer diskriminierenden Wirkung des § 57 b Abs. 3 HRG darauf ankomme, ob ausländische Lektoren in der Regel befristet, deutsche Lektoren dagegen regelmäßig unbefristet eingestellt würden, was nicht der Fall sei. Außerdem beschäftige sie auch Lektoren mit ausländischer Staatsangehörigkeit unbefristet. Da die vom Arbeitsgericht herangezogene Entscheidung des EuGH eine mit § 57 b Abs. 3 HRG in Verbindung stehende bayerische Landesnorm betroffen habe, hätte das Arbeitsgericht erneut vorlegen müssen. Im übrigen sei gerade in § 57 b Abs. 3 HRG ein sachlicher Grund für die Befristung gesetzlich normiert worden, der zulässiger Weise darauf abstelle, daß die Tätigkeit dieser Lektorin überwiegend für die Ausbildung in Fremdsprachen erfolge. Der EuGH habe versäumt, den Eingriff seiner Entscheidung in ihren Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 3 GG zu prüfen. Dazu gehöre typischer-weise die Autonomie bei der inneruniversitären Lehrplanung, durch Befristungsabreden in Lektorenverträgen für Fluktuation zu sorgen und damit den Austausch junger Wissenschaftler zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist auf die Verwaltungsvorschriften über Lektoren für die Ausbildung in modernen Fremdsprachen vom 9. Juli 1990, wonach als Lektoren nicht Ausländer beschäftigt werden sollen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes begründet hätten oder begründen wollten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO). Daß die Beklagte auf den Beschäftigungsanspruch der Klägerin nicht eingegangen ist, war unschädlich, weil es sich dabei um einen sog. Folgeanspruch handelt, der mit einer Abweisung des Feststellungsantrags automatisch in Wegfall gekommen wäre.
2. Die Berufung ist sachlich unbegründet.
2.1 Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die im Arbeitsvertrag vom 1. April 1989 vereinbarte Befristung zum 31. März 1994 beendet worden.
Der allein als Befristungsgrund angegebene § 57 b Abs. 3 HRG, der in Verbindung mit § 112 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin (Berliner Hochschulgesetz-BerlHG) vom 13. November 19...