Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 14.01.1993; Aktenzeichen 69 (77A) Ca 21690/91) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Januar 1993 – 69 (77A) Ca 21690/91 – wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage gegen die Beklagte zu 1) als unzulässig abgewiesen wird.
Tatbestand
Die 1947 geborene, verheiratete Klägerin, die zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat, war seit dem 1. September 1974 als Redakteurin beim Rundfunk der DDR im F. Berlin beschäftigt, und zwar mit Wirkung vom 1. Januar 1991 bei der „Einrichtung gemäß Art. 36 des Einigungsvertrages” im Sender „D.”. Sie erhielt zuletzt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 3.636,– DM.
Am 31. August 1991 unterzeichneten die Regierungschefs der Bundesländer auf einer Ministerpräsidentenkonferenz einen „Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland”. Sie bekundeten in einem Ergebnisprotokoll zu Art. 5 (Rundfunkfinanzierung) und zu § 3 (bundesweiter Hörfunk) zu der dort vorgesehenen staatsvertraglichen Regelung, daß die ARD und das ZDF eine Einrichtung zur Veranstaltung nationalen Hörfunks mit Sitz in Köln gründen, die drei Hörfunkprogramme betreiben soll, nämlich DLF, RIAS 1 und D.. Am 1. Oktober 1991 beschloß der Fernsehrat die „befristete Weiterführung von D.” durch das ZDF, wobei den Mitarbeitern von D. ab 1. Januar 1992 bis zur Gründung der Gemeinschaftseinrichtung befristete Arbeitsverträge angeboten werden sollten. Es handelte sich um etwa 90 Mitarbeiter, die vom ZDF, der Beklagten zu 2), längstens bis zum 31. Dezember 1992 befristete Arbeitsverträge erhielten, die später verlängert wurden. Die Klägerin erhielt keinen solchen Vertrag. Vielmehr kündigte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 24. September 1991 den Arbeitsvertrag der Klägerin fristgerecht zum 31. Dezember 1991.
Mit der am 4. Oktober 1991 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die von der Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung gewandt und mit Schriftsatz vom 4. Februar 1992, beim Arbeitsgericht eingegangen am 5. Februar 1992, ihr Klagebegehren gegen die Beklagte zu 2) erweitert.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß durch die Kündigung der Beklagten zu 1) die beiderseitigen arbeitsvertraglichen Beziehungen nicht rechtswirksam beendet worden seien. Sie hat zunächst behauptet, daß die Beklagte zu 1) nicht völlig aufgelöst worden sei, sondern zumindest in Teilen fortbestehe. Dies gelte jedenfalls für den Sender D.. Dieser sei mit Wirkung vom 1. Januar 1992 durch Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) übergegangen, so daß Rechtsnachfolgerin der Beklagten zu 1) die Beklagte zu 2) geworden sei.
Die Kündigung sei auch deshalb rechtsunwirksam, weil die Beklagte zu 1) die Vorschrift des § 17 KSchG nicht beachtet und die erforderliche Sozialauswahl nicht durchgeführt habe. Auch sei die Anhörung des Personalrates vor dem Aussprüche der Kündigung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Hinsichtlich der Kündigungsgründe, so hat die Klägerin behauptet, habe es mit dem Personalrat nur eine Erörterung, nicht jedoch eine Anhörung gegeben.
Schließlich hat die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluß ihres Kündigungsschutzverfahrens begehrt.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24. September 1991 nicht aufgelöst ist und seit dem 1. Januar 1992 mit der Beklagten zu 2) fortbesteht,
- die Beklagte zu 2) zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) hat geltend gemacht, daß sie mit Ablauf des 31. Dezember 1991 ersatzlos aufgelöst worden sei und rechtlich nicht mehr existiere. Ungeachtet dessen sei die von ihr ausgesprochene Kündigung auch rechtswirksam erfolgt. Alle ihre Arbeitnehmer seien zum 31. Dezember 1991 gekündigt worden, soweit in Einzelfällen nicht Vorschriften des Sonderkündigungsschutzes entgegengestanden hätten. Die Kündigung sei aufgrund der Anlage I, Kap. XIX, Sachgebiet A, Abschnitt III, Ziff. 1 Abs. 4 Ziffern 2 und 3 des Einigungsvertrages erfolgt, so daß eine soziale Auswahl nicht hatte vorgenommen werden müssen. Auch sei der Personalrat vor dem Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß am 12. September 1991 beteiligt worden.
Die Beklagte zu 2) hat die Auffassung vertreten, daß die Vorschrift des § 613 a BGB keine Anwendung finde, da, ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang nicht vorliege. Hinsichtlich des Senders D. habe ein Betriebsinhaberwechsel im Sinne des § 613 a BGB auf sie, die Beklagte zu 2), nicht stattgefunden. Die vorläufige Weiterführung des Senders D. durch sie beruhe allein auf einer hoheitlichen Maßnahme der Länder, und zwar auf den Beschlüssen der Ministerpräsidenten vom 31. August und 25. Oktober 1991.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Inhalt der ...