Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer „begleitenden” Erklärung des Arbeitgebers zum Ausspruch der Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Betriebsratsanhörung ist nicht schon deswegen fehlerhaft, weil der Arbeitgeber die Kündigungsfrist oder den Termin des Ablaufs der Kündigungsfrist unrichtig angegeben hat.
Normenkette
BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 06.05.2002; Aktenzeichen 26 Ca 34915/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 6.5.2002 – 26 Ca 34915/01 – geändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung gegenüber der seit dem 21. März 1977 als Stationshilfe beschäftigten Klägerin.
Am 1. Juni 2001 beschlossen die Gesellschafter der Beklagten die Stilllegung des Klinikbetriebs zum 31. Dezember 2001. Eine Einigungsstelle zum Zwecke des Abschlusses eines Interessenausgleiches und eines Sozialplanes wurde eingerichtet.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2001 (Bl. 27, 28 d.A.) hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einer beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin an, nachdem das Landesamt für Gesundheit und Soziales mit Schreiben vom 15. Juni 2001 die Zustimmung im Hinblick auf die Vorschriften des Schwerbehindertenrechts erklärt hatte. Zuvor hatte Herr Rechtsanwalt … namens der Beklagten dem Betriebsrat mit Schreiben vom 19. Juni 2001 (Bl. 40 d.A.) u.a. mitgeteilt:
„Auch Ihnen und dem gesamten Betriebsrat gegenüber versichern wir namens und in Vollmacht unserer Mandantin, dass die beabsichtigten Kündigungen erst und nur dann ausgesprochen werden, wenn in der Einigungsstelle eine Einigung über den Interessenausgleich und Sozialplan erzielt worden ist. Diese Versicherung haben wir Herr Rechtsanwalt … gegenüber bereits in unserem Schreiben vom 14. Juni 2001 abgegeben.”
Eine entsprechende Erklärung hatte Herr Rechtsanwalt … auch in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin zum Aktenzeichen 80 BVGa 17509/01 abgegeben, in welchem der Betriebsrat den Ausspruch von Kündigungen vor Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen verhindert wollte.
Am 27. Juni 2001 fand eine Sitzung der Einigungsstelle statt, in deren Verlauf entsprechend der Eintragung im Protokoll das Scheitern des Interessenausgleichs festgestellt wurde. Am 29.06.2001 sprach die Beklagte eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2002 aus (Bl. 13 d. A.). In einer weiteren Sitzung der Einigungsstelle vom 19. September 2001 einigten sich die Betriebsparteien einen Sozialplan für die von der Betriebsschließung betroffenen Mitarbeiter.
Mit der vorliegenden, am 13. Dezember 2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kündigung unter Berufung darauf, dass diese wegen einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung im Sinne von § 102 Abs. 1 BetrVG rechtsunwirksam sei.
Von einer näheren Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 6. Mai 2002 dem klägerischen Begehren entsprochen und die Kündigung gemäß § 102 BetrVG als unwirksam bezeichnet. Die Anhörung des Betriebsrats vom 20. Juni 2001 habe sich nicht auf die Kündigung vom 29. Juni 2001 bezogen, denn die Beklagte habe mit ihrer Versicherung, die beabsichtigten Kündigungen würden erst und nur dann ausgesprochen werden, wenn in der Einigungsstelle eine Einigung über den Interessenausgleich und Sozialplan erzielt worden sei, deutlich gemacht, dass die Anhörung zu einer hinsichtlich des Zeitpunktes des Ausspruches noch nicht feststehenden, jedenfalls aber nicht vor Abschluss des Sozialplanes auszusprechenden Kündigung erfolgen sollte. Damit sei der Betriebsrat zu der vor Abschluss des Sozialplanes ausgesprochenen Kündigung vom 29. Juni 2001 nicht angehört worden. Angesichts der Zusicherung durch die Beklagte habe für den Betriebsrat festgestanden, dass die Kündigung jedenfalls nicht vor Abschluss eines Sozialplanes erfolgen würden. Im Übrigen gehöre es zu einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats, dass er das ungefähre Vertragsende und die zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Entlassungstermin liegende Dauer in etwa abschätzen könne. Dies sei nicht der Fall gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 48 ff. d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses am 11. Juni 2002 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 5. Juli 2002 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 9. August 2002 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte und Berufungsklägerin vertritt in der Berufungsinstanz die Auffassung, das Arbeitsgericht...