Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag. Gesamtvertretungsbedarf
Leitsatz (amtlich)
Zur sachlichen Rechtfertigung einer Befristungsabrede durch einen Gesamtvertretungsbedarf
Normenkette
BGB § 620
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 10.01.1997; Aktenzeichen 90 Ca 24234/96) |
Tenor
I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Januar 1997 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin.
Die Klägerin war seit dem 16. Dezember 1994 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge als Lehrerin bei dem beklagten Land tätig. Nachdem die Parteien durch Vertrag vom 30. Dezember 1994 (Bl. 5 f. d.A.) ein bis längstens 28. Juni 1995 befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart hatten, schlossen sie unter dem 2. August 1995 einen weiteren befristeten Vertrag für das Schuljahr 1995/1996 ab (Bl. 8 f. d.A.). Das Beschäftigungsverhältnis sollte befristet mit 26,5/26,5 Wochenunterrichtsstunden „für die Dauer der Beurlaubung von Frau D. bis 19. Juni 1996 bestehen bzw. am Vortag der Dienstaufnahme der zu vertretenden Lehrkraft enden; auf das Arbeitsverhältnis fand weiterhin der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Die Klägerin unterrichtete anschließend an der in Berlin-Steglitz gelegenen … schule in den Fächern Mathematik und Erdkunde. Frau D. war im Schuljahr 1995/1996 beurlaubt; sie unterrichtete zuvor an der … Grundschule in Steglitz das Fach Englisch und erteilte vorfachlichen Unterricht. Die Parteien verlängerten die Dauer des Vertrages vom 2. August 1995 bis zum 3. August 1996 (Bl. 10 d.A.), da der Klägerin aufgrund ihrer bisherigen Beschäftigungsdauer eine Ferienbezahlung 1996 zustand.
Mit ihrer am 25. Juni 1996 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin zuletzt die Feststellung begehrt, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Sie hat in Abrede gestellt, daß für die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses ein sachlicher Grund gegeben sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch ein am 10. Januar 1997 verkündetes Urteil entsprochen. Es hat dabei im wesentlichen ausgeführt, die Befristung des Arbeitsvertrages vom 2. August 1995 sei sachlich nicht gerechtfertigt.
Gegen dieses ihm am 18. Februar 1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. März 1997 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung des beklagten Landes, die es nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18. Juni 1997 mit einem am 13. Juni 1997 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Das beklagte Land ist der Auffassung, für die Befristung des für das Schuljahr 1995/1996 abgeschlossenen Arbeitsvertrages liege ein sachlicher Grund vor. Die Klägerin habe Frau D. mittelbar vertreten. Beide seien in einer Steglitzer Grundschule beschäftigt gewesen; die an Grundschulen tätigen Lehrkräfte könnten grundsätzlich jeden ihrer Kollegen vertreten. Jedenfalls sei die Befristungsabrede im Hinblick auf den von dem Landesschulamt für jedes Schuljahr prognostizierten Gesamtvertretungsbedarf, der aufgrund der Schülerzahlen, des Unterrichtsbedarfs, des Lehrerbedarfs, der stellenwirtschaftlichen Ressourcen und eines regionalen und überregionalen Personalausgleichs ermittelt werde, sachlich gerechtfertigt. Die Beschäftigung befristet eingestellter Lehrer habe sich jeweils im Rahmen dieses Gesamtvertretungsbedarfs gehalten. So seien im Schuljahr 1995/1996 ca. 1260 befristet tätige Lehrkräfte mit ca. 1030 Stellenäquivalenten zur Vertretung von unbefristet beschäftigten Lehrern eingestellt worden, die aus unterschiedlichen Gründen nicht eingesetzt werden konnten.
Das beklagte Land beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Januar 1997 – 90 Ca 24234/96 – die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, zumindest aufgrund des Vertrages vom 2. August 1995 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu dem beklagten Land zu stehen. Sie habe Frau D. nicht – auch nicht mittelbar – vertreten. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, daß sie Englisch-Unterricht nicht erteilen könne. Auch der von dem beklagten Land angeführte Gesamtvertretungsbedarf könne die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich nicht rechtfertigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 12. Juni 1997 und 18. Juli 1997 nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das beklagte Land hat die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 518, 519 ZPO).
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht entsprochen. Zwischen den Parteien besteht aufgrund des Arbeitsvertrages vom 2. August 1995 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
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Die Arbeitsvert...