Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers beim Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Zur Rechtzeitigkeit der Ausübung des Widerspruchsrechtes des Arbeitnehmers im Falle des Betriebsüberganges nach § 613 a BGB.
Normenkette
BGB § 613 a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 22.07.1994; Aktenzeichen 79 Ca 11.143/94) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Juli 1994 – 79 Ca 11.143/94 – wie folgt abgeändert:
- Die Klage wird auch im übrigen abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der 1940 geborene, verheiratete Kläger trat am 13. November 1981 als Nachtinspektor in die Dienste der Beklagten, die in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Es gehörte zu seinen Aufgaben, alle Arbeiten zu erledigen, die eine reklamationsfreie Zustellung der von der Beklagten herausgegebenen Zeitung gewährleisten. Hierzu gehörten vornehmlich die Kontrolle Ober die Zeitungszusteller während der Nachtstunden, die Lenkung des Zustellereinsatzes nach den jeweiligen Erfordernissen, die Einweisung neuer Zusteller, die Schlüsselbeschaffung und die Prüfung von Reklamationen seitens der Abonnenten. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 3.675,00 DM.
Anfang 1993 entschloß sich die Beklagte, die gesamte Zeitungszustellung aus ihrem Betrieb auszugliedern und sie auf die Firma … und … mbH, und selbständige Agenturen zu Obertragen. In einer „Betriebsvereinbarung zur Regelung eines Interessenausgleiches und Sozialplanes” vom 23. Juli 1993 kamen die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat unter Abschnitt C. 10 (Bl. 19 d.A.) überein, die geplante Ausgliederung der Zeitungszustellung als Betriebsübergang i. S. von § 613 a BGB anzusehen. Ferner enthält die Betriebsvereinbarung u.a. folgende Regelung: „Die Arbeitsverhältnisse der im Bereich der Zustellung beschäftigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer werden mit der … und … mbH oder mit den von ihr beauftragten Agenturen begründet”. Bereits im Juni 1993 hatte der Betriebsrat durch Rundschreiben vom 08. Juni 1993 alle Mitarbeiter wegen einer Betriebsversammlung angesprochen, die auch den Stellenabbau zum Gegenstand hatte. In einem weiteren Schreiben des Betriebsrates vom 05. August 1993, das in der Zeit vom 06. bis 17. August 1993 im Betrieb der Beklagten zum Aushang kam, lud der Betriebsrat zu einer Betriebsversammlung am 17. August 1993 alle Mitarbeiter ein. In der Einladung heißt es u.a.:
Geschäftsführung und Betriebsrat haben die beiden unterschriebenen Ausfertigungen der Betriebsvereinbarung zur Regelung eines Interessenausgleiches und Sozialplanes vom 23. Juli 1993 ausgetauscht. Damit können die Regelungen dieses Vertrages nunmehr angewandt werden.
In den nächsten Tagen erhalten die Beschäftigten ein Exemplar der Betriebsvereinbarung durch den Verlag ausgehändigt. Außerdem haben Geschäftsführung und Betriebsrat vereinbart, auf einer außerordentlichen Betriebsversammlung Ober Interessenausgleich und Sozialplan zu informieren.
Am 11. September 1993 fand ebenfalls eine Zustellerversammlung zu demselben Thema statt, was durch Aushang vom 18. August 1993 in der Zeit vom 25. August bis 10. September 1993 in den Geschäftsstellen der Beklagten zum Aushang gebracht worden war. Bereits am 26. August 1993 hatte die Beklagte an den Kläger ein Schreiben gerichtet, das wie folgt lautet:
Sehr geehrter Herr …
in Anwendung der Betriebsvereinbarung zur Regelung eines Interessenausgleichs vom 23. Juli 1993 müssen wir Ihnen mitteilen, daß abzusehen ist, daß in Ihrem Bereich Arbeitsplätze entfallen werden.
Wir bedauern dies, sehen aber in einem generellen Personalabbau einen unverzichtbaren Beitrag zur Sanierung des Verlages.
Gleichzeitig möchten wir Ihnen eine neue Tätigkeit im Bereich der … und … mbH anbieten. Ihr Aufgabengebiet würde dort den Bereich „Außendienst” betreffen.
Sollten Ihrerseits zusätzliche Informationen benötigt werden, so stehen Ihnen Personalleitung und Abteilungsleitung selbstverständlich zur Verfügung.
Am 02. Dezember 1993 fand zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der … GmbH ein Gespräch Ober einen möglichen Einsatz des Klägers bei der … GmbH zu möglicherweise veränderten Arbeitsbedingungen statt. In einem weiteren Gespräch Ende Januar 1994 wurde zwischen dem Kläger und dem Personalleiter der Beklagten die Problematik weiterer Einsatzmöglichkeiten bei der Firma … erörtert. In der Folge dieses Gespräches überreichte die Beklagte dem Kläger einen schriftlichen Entwurf eines Aufhebungsvertrages mit Datum vom 01. Februar 1994, den der Kläger jedoch nicht unterzeichnete.
Mit Wirkung zum 01. Februar 1994 übertrug die Beklagte den Bereich der Zustellung an die … und … mbH.
Mit Schreiben vom 30. März 1994, dem Kläger am selben Tage zugegangen, kündigte die Beklagte den Arbeitsvertrag des Klägers aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 30. September 1994.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 08. April 1994 eingegangenen...