Entscheidungsstichwort (Thema)
Internationales Privatrecht und deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein ausländischer Staatsangehöriger in Deutschland von einem ausländischen Staat bzw. einem für ihn handelnden Organ beschäftigt, unterliegt ein solches Rechtsverhältnis der deutschen Gerichtsbarkeit jedenfalls dann, wenn es sich um eine nichthoheitliche Tätigkeit handelt, was bei einem in Deutschland beschäftigten Sprachlehrer der Fall ist.
2. Haben die Parteien eine ausdrückliche Rechtswahl im Vertrag nicht getroffen, kommt die Anwendung ausländischen, hier französischen Rechts, in Betracht, wenn und soweit der Vertrag eine enge Verbindung zu der anderen (ausländischen) Rechtsordnung aufweist.
Normenkette
GVG §§ 17a, 20; EGBGB Art. 30 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 21.02.1997; Aktenzeichen 22 Ca 23736/96) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Februar 1997 – 22 Ca 23736/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die 1951 geborene Klägerin, die die französische Staatsangehörigkeit besitzt, kam im Jahre 1978 im Rahmen eines Austauschprogrammes nach Halle/Saale in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik. Im Jahre 1985 ergab sich für sie die Möglichkeit, im französischen Kulturzentrum … in B. (Ost), einer nicht rechtsfähigen Außenstelle des französichen Außenministeriums, zu arbeiten. Es wurde deshalb mit ihr einerseits und dem Centre Culturel français de B., service extérieur du Ministère des Relations Extérieurs andererseits in französischer Sprache ein Contrat D'Engagement abgeschlossen, nachdem sie als Lehrerin für die französische Sprache wöchentlich 20 Stunden à 45 Minuten Unterricht zu erteilen hatte. Nachdem die Klägerin auf ihren Antrag hin rückwirkend zum 1. September 1986 zur Beamtin der französischen Republik ernannt und dem französischen Erziehungsministerium zugeordnet worden war – sie hatte den Status eines Détaché administratif erhalten –, kam es am 21. Juni 1989 zum Abschluß einer weiteren schriftlichen Vereinbarung in französischer Sprache, in der es in deutscher Übersetzung unter anderem heißt:
„…
Artikel 1 – Die Einstellung von Frau M. L. D. wird ab dem 1.09.89 mit folgenden Bedingungen verlängert.
Artikel 2 – Der vorliegende Vertrag gilt für die Dauer eines Jahres und kann jedes Schuljahr durch stillschweigende Verlängerung erneut werden, solange keine schriftliche Kündigung des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers vorliegt. Die schriftliche Kündigung muß zwei Monate vor Beendigung des Vertrages am 31. August des jeweiligen Jahres erfolgen.
…
Artikel 5 – Ab dem 1.09.89 wird Frau M. L. D. in die Besoldungsgruppe 2 der einheitlichen Gehaltsskala der verbeamteten Lehrer des Centre Culturel français de Berlin, unter Index 329 und mit einem Koeffizient von 20/22 eingestuft.
Am 1.09.89 wird das Bruttogehalt von Frau L. D. 2153,48 DDR Mark mit einem Indexpunkt von 7,20 DDR Mark betragen und der Überstundentarif beträgt 26,98 DDR Mark.
Das Nettogehalt wird in FF, nach dem geltenden Kanzlei Wechselkurs auf ein Girokonto in Frankreich überwiesen.
…”
Nachdem das Centre Culturel francais de B. „…” aufgelöst worden war und seine Aufgaben vom Institut Francais wahrgenommen wurden – das Institut firmiert nunmehr unter dem Namen Centre Culturel et de Cooperation Linguistique B. –, wurde die Klägerin aufgrund von Bescheiden vom 11. August 1994 und 31. März 1995 mit Wirkung zum 31. August 1997 vom Erziehungsministerium zum Außenministerium der französischen Republik abgeordnet (Détachement). Mit Schreiben vom 3. Juni 1996 teilte das nunmehrige Centre Culturel et de Coopération Linguistique (Bl. 24 d.A.) der Klägerin in der deutschen Übersetzung folgendes mit:
„…
Sehr geehrte Frau L. -D.
Ich teile Ihnen mit, daß die Stelle als Lehrerin für französisch als Fremdsprache, die Sie im CCCL de B. besetzen, endgültig ab dem 1. September 1996 gestrichen ist.
Diese Maßnahme ist notwendig geworden, nach der ständigen Verringerung der Anmeldungen für die Kurse, die durch unsere Institution durchgeführt werden.
Dementsprechend wird Ihr Arbeitsvertrag am Anfang des nächsten Schuljahres nicht erneuert werden.
Gleichzeitig fordere das Außenministerium auf. Ihre Situation ab dem 1. September 1996 zu regeln.
…”
Mit Wirkung vom 1. September 1996 wurde die Klägerin vom genannten Institut nicht weiterbeschäftigt.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 24. Juni 1996 eingegangenen und der Beklagten am 28. November 1996 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Nichtverlängerung ihres Rechtsverhältnisses als Sprachlehrerin gewandt.
Sie hat zunächst die Auffassung vertreten, daß der Rechtsstreit der deutschen Gerichtsbarkeit unterliege, da sie für die Beklagte keine hoheitliche Tätigkeit ausgeübt habe. Auch müsse vom Bestehen arbeitsvertraglicher Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien ausgegangen werden, da sie, die Klägerin, für die Zeit vom 1. September 1994 bis zum 31. August 1997 von ihrer Beamtentätigkeit freigestellt worden sei und den Status ...