Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Geltendmachung des Fortbestehens eines Arbeitsverhältnisses bei Betriebsübergang

 

Leitsatz (amtlich)

Es bestehen Bedenken, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur zeitlichen Begrenzung des Rechts des Arbeitnehmers, nach wirksamer Kündigung des Betriebsveräußerers vom Betriebserwerber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Arbeitsbedingungen zu verlangen, (vgl. BAG, Urteil vom 12. November 1998 – 8 AZR 265/97 – NZA 99, 420), auf den Fall zu übertragen, in dem ein Betriebsübergang bereits vor Kündigungszugang stattgefunden hat.

Jedenfalls nach Ablauf von mehr als 6 Monaten seit Kenntnis des Arbeitnehmers der den Betriebsübergang ausmachenden Umstände und der Ablehnung des Angebots des Betriebserwerbers, einen Arbeitsvertrag zu geänderten Bedingungen abzuschließen, kann der Arbeitnehmer den Übergang seines Arbeitsverhältnisses gem. § 613 a BGB unter dem Gesichtspunkt der materiell – rechtlichen Verwirkung nicht mehr geltend machen.

 

Normenkette

BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 14.09.1999; Aktenzeichen 42 Ca 24938/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. September 1999 – 42 Ca 24938/98 – teilweise dahin abgeändert, daß die Klage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen wird.

II. Anstelle der Beklagten zu 2) hat der Kläger 1/4 der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz sowie die Kosten der Berufung zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger und die Beklagte zu 2) streiten in der Berufungsinstanz darüber, ob zwischen ihnen seit dem 14. Juli 1998 infolge eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger war seit 1992 bei der … Berlin und Brandenburg GmbH, der Gemeinschuldnerin, bzw. deren Rechtsvorgängerin als Kranfahrer zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt ca. 4.700,00 DM in der Betriebsstätte in der Colditzstraße in Berlin Tempelhof beschäftigt.

Am 03. Juli 1998, 5.00 Uhr wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und die spätere Beklagte zu 1) zur Gesamtvollstreckungsverwalterin bestellt. Am selben Tag stellte diese alle bei der Gemeinschuldnerin beschäftigten ca. 210 Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei und gab die gemieteten Betriebsstätten und das Anlagevermögen an die jeweiligen Vermieter, u.a. an die … Vermietung zurück.

Ab 13. Juli 1998 abends schloß die Beklagte zu 2) mit ca. 140 Arbeitnehmern der Gemeinschuldnerin neue Arbeitsverträge ab, nachdem diese mit der Beklagten zu 1) Aufhebungsverträge geschlossen hatten und führte ab 14. Juli 1998 den bisherigen Geschäftsbetrieb in den Betriebsstätten in der Colditzstraße, am Saatwinkler Damm und in Babelsberg in denselben Geschäftsräumen, mit denselben Fahrzeugen und Kranen und mit der gesamten EDV-Anlage fort. Der Kläger lehnte den ihm von der Beklagten zu 2) angebotenen Arbeitsvertrag zu geänderten Bedingungen ab.

In dem Schreiben vom 30.07.1998 kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30.09.1998 aus betriebsbedingten Gründen.

Dagegen hat sich der Kläger mit der am 17. August 1998 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Kündigungsschutzklage vom 14. August 1998 gewandt, die er zunächst mit einem Antrag auf Nachteilsausgleich verbunden hat und u.a. geltend gemacht, die Beklagte zu 2) habe nach seiner Kenntnis neben den sachlichen Betriebsmitteln auch den größten Teil der Belegschaft, nämlich ca. 120 Beschäftigte übernommen. In einem anderen Rechtsstreit hat der Kläger die … GmbH Krane und Schwertransporte auf Zahlung aus einem dort bestehenden Sozialplan mit der Begründung in Anspruch genommen, er sei von der Beklagten zu 1) wegen Betriebsstillegung gekündigt worden.

Mit dem der Beklagten zu 2) am 03. März 1999 zugestellten Schriftsatz vom 24. Februar 1999 hat der Kläger dieser gegenüber die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ab 14. Juli 1998 begehrt.

Der Kläger hat nach Rücknahme der weitergehenden Klage in erster Instanz zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, daß im Kündigungszeitpunkt am 30.07.1998 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) nicht mehr bestanden hat und diese dementsprechend nicht mehr zur Kündigung berechtigt gewesen ist;

    hilfsweise,

    festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten zu 1) vom 30.07.1998 nicht zum 30.09.1998 beendet worden ist;

  2. festzustellen, daß zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) aufgrund Betriebsüberganges nach § 613a BGB seit dem 14.07.1998 ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des Klägers mit der Gemeinschuldnerin, der … Krane Berlin und Brandenburg GmbH, besteht.

Die Beklagte zu 1) hat den Hauptantrag zu 1. anerkannt und hinsichtlich des Hilfsantrags Klageabweisung beantragt, die Beklagte zu 2) hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl....

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