Entscheidungsstichwort (Thema)

Postdienstzeiten. Anrechnung von …. Ausschluß der Berücksichtigung als Postdienstzeit auch von Zeiten vor der Tätigkeit für das MfS usw.

 

Leitsatz (amtlich)

Nr. 1 Abs. 4 der Übergangsvorschriften zu § 16 TV Ang-O, wonach von einer Berücksichtigung als Postdienstzeit auch die Zeiten ausgeschlossen sind, die vor einer Tätigkeit für das MfS/ANS, die Grenztruppen der DDR usw. zurückgelegt worden sind, ist wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1) des Grundgesetzes nichtig (Anschluß an LAG Berlin. Urteil vom 9. Februar 1995 – 10 Sa 114/94 –).

 

Normenkette

TV zur Anpassung des Tarifrechts für Angestellte der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet an den TV Ang (TV Ang-O) v. 5. Febr. 1992, § 16, Übergangsvorschrift Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 12.01.1996; Aktenzeichen 22 Ca 30 130/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 29.01.1998; Aktenzeichen 6 AZR 423/96)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. Januar 1996 – 22 Ca 30130/95 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückforderung von Arbeitsvergütung.

I. Der am 25. Oktober 1944 geborene Beklagte war seit dem 1. September 1960 im Dienst der Deutschen Post der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) tätig.

Mit schriftlichem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 1991 (Ablichtung Bl. 162 d.A. – ArbV) ging die Klägerin mit Wirkung ab 1. Januar 1991 ein Arbeitsverhältnis zum Kläger ein. In Nr. 2 des Arbeitsvertrages heißt es u.a.:

„Für das Arbeitsverhältnis gelten die, für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet[1] vereinbarten Bestimmungen des Tarifvertrages für die Angestellten/Arbeiter*) der Deutschen Bundespost TELEKOM (TV Ang (Ost) bzw. TV Arb Ost) und der sonstigen für das genannte Gebiet vereinbarten) Tarifverträge für die Angestellten/Arbeiter*) der Deutschen Bundespost TELEKOM in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.”

II. Unter dem Datum des 5. Februar 1992 kam es zum Abschluß eines „Tarifvertrag(es) zur Anpassung des Tarifrechts für Angestellte der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet an den TV Ang (TV Ang-O)” – Tarifvertrag Nr. 401 e – (künftig: TV Ang-O), der u.a. folgendes bestimmte (Ablichtung Bl. 16 R. 17 R d.A.):

㤠16

Postdienstzeit

(1) Postdienstzeit ist die bei der Deutschen Bundespost/Deutschen Post und der Landespostdirektion Berlin in einem Ausbildungs-, Arbeits- oder Beamtenverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist; … ….

Übergangsvorschriften:

  1. für Zeiten vor dem 1. Januar 1991

    Von der Berücksichtigung als Postdienstzeit sind ausgeschlossen

    1. Zeiten jeglicher Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (einschließlich der Verpflichtung zu informeller/inoffizieller Mitarbeit),
    2. Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der DDR

    (Absatz 4:) Von einer Berücksichtigung als Postdienstzeit; ausgeschlossen sind auch die Zeiten, die vor einer Tätigkeit im Sinne der Buchstaben a, b und c zurückgelegt worden sind.

  2. …”

III. Unter dem Datum des 11. September 1992 stellte der Beklagte den vordruckmäßig ausgestalteten „Antrag auf Anerkennung von Vordienstzeiten als Postdienstzeit/Dienstzeit” (Ablichtung Bl. 34 d.A.). Der Vordruck enthält unter Nr. 1 die Rubrik:

„Angabe von Zeiten jeglicher Tätigkeit für das MfS/AfNS (einschließlich der Verpflichtung als informeller/inoffizieller Mitarbeiter)”

mit Raum für Angaben über „vom/bis” und „Art der Tätigkeit”. Der Beklagte setzte auf den Vordruck handschriftlich das Wort

„keine”.

Mit Schreiben vom 27. September 1994 (Ablichtung Bl. 32–33 u. 115–116 d.A.) und dessen Anlagen (Ablichtungen Bl. 117–157 d.A.) teilte der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) der Klägerin mit, daß sich in den bisher erschlossenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR „Hinweise” auf eine Tätigkeit des Beklagten für das frühere Ministerium für Staatssicherheit (künftig: MfS) in den Jahren 1975 bis 1979 und von 1985 bis zur Auflösung des MfS ergeben hätten.

Mit Schreiben vom 29. März 1995 (Ablichtung Bl. 15 d.A.) sprach die Klägerin daraufhin nach Anhörung des Beklagten (vgl. „Aussage zur Auskunft des Bundesbeauftragten …” vom 12. Dezember 1994 [Bl. 36–37 d.A.]) die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.

IV. Im hiesigen Verfahren nimmt die Klägerin den Beklagten unter Berufung auf Gehaltsüberzahlungen in der Zeit von Dezember 1991 bis 30. März 1995 auf Rückzahlung von Insgesamt 9.575,56 DM[2] und (14.362,67 DM[3] + 4.644,08 DM[4] =) 19.006,75 DM netto (sowie Mahnverfahrensauslagen und Verzugszinsen) mit der Begründung in Anspruch, der Beklagte hätte bei Anerkennung seiner Postdienstzeiten nach Maßgabe der tariflichen Bestimmungen erst ab 3. Oktober 1990 nur eine entsprechend geringere Vergütung erhalten (Einzelheiten: Schriftsatz vom 27. Oktober 1995 S. 6–7 mit Anlagen 10–...

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