Revision zugelassen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Will ein Kläger den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Land Berlin festgestellt wissen, fehlt für ein Feststellungsbegehren, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch eine Abwicklungsentscheidung eines Bundesministeriums aufgelöst worden ist, das rechtliche Interesse an der begehrten Entscheidung.

2. Der Sportmedizinische Dienst des SC … im Sportforum … war eine Teileinrichtung in der Einrichtung Sportvereinigung … i. S. von Art. 13 des Einigungsvertrages und ist nach Maßgabe der Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2 und 3 auf das Land Berlin überführt worden.

3. Ob eine staatliche Einrichtung der ehemaligen DDR aufgelöst und abgewickelt oder überführt worden ist, ist nicht nach einer ausdrücklichen oder verlautbarten Auflösungsentscheidung des zuständigen Hoheitsträgers, sondern allein auf der Basis der realen Verhältnisse zu beantworten. Eine Auflösungsentscheidung ist rechtlich ohne Bedeutung, sofern sie nicht tatsächlich umgesetzt wird.

4. Hinsichtlich der Teileinrichtung des Sportmedizinischen Dienstes ist im Auflösungsbeschluß der Gesamtberliner Landesregierung vom 18.12.1990 die Aufrechterhaltung dieser Einrichtung, allerdings, i.V.m. einer unzulässigen perspektivischen Abwicklung erwähnt.

5. Unerheblich ist, ob das Land Berlin die gesamte Teileinrichtung originär oder durch eine Überleitung durch das BMI oder aufgrund einer Übertragung der Liegenschaften durch die Treuhandanstalt erhalten hat.

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 04.11.1991; Aktenzeichen 87 Ca 5401/91)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. November 1991 – 87 Ca 5401/91 – teilweise abgeändert:

Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage wird als unzulässig abgewiesen.

II. Die Berufung des Beklagten zu 2) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß festgestellt wird, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu dem Beklagten zu 2) über den 30. Juni 1991 hinaus fortbesteht.

III. Die Gerichtskosten tragen die Klägerin und der Beklagte zu 2) je zur Hälfte.

Von den außergerichtlichen Kosten trägt die Klägerin die der Beklagten zu 1) ganz und die eigenen zur Hälfte. Der Beklagte zu 2) trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten und die Hälfte der der Klägerin entstandenen außergerichtlichen Kosten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die am 21. September 1951 geborene Klägerin war seit dem 1. September 1971 auf der Grundlage eines mit dem Präsidium der Deutschen Volkspolizei geschlossenen Dienstvertrages als Physiothorapeutin beim Sportmedizinischen Dienst des Sportclubs (SC) … im Sportforum im Ostteil Berlins gegen ein monatliches Entgelt in Höhe von zuletzt ca. 2.095,– DM netto beschäftigt.

Der SC … stand neben anderen Leistungssportvereinen unter der Dachorganisation der Sportvereinigung (SV) … (vgl. insofern das Organigramm Bl. 104 d.A.). Die SV … war die Spitzenorganisation der Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR. Träger der SV … waren ursprünglich das Ministerium für Staatssicherheit, das Ministerium des Innern und die Zollverwaltung. Der Präsident der SV … war der Minister für Staatssicherheit persönlich. Nach der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit bzw. des Arztes für Nationale Sicherheit wurde die Trägerschaft ausschließlich dem Ministerium des Innern zugeordnet; im September 1990 wurde die SV … in Polizeisportvereinigung … umbenannt.

Die Aufgaben der SV … beschränkten sich nicht auf den Leistungssport. Schwerpunkt war die Sichtung, Auswahl und sportliche Förderung von Kindern und Jugendlichen für eine leistungssportliche Entwicklung. Die Tätigkeit des Sportmedizinischen Dienstes des SC … beinhaltete ausschließlich die Betreuung der Leistungssportler dieses Sportclubs einschließlich kurativer Maßnahmen (auch stationär). Im Sportmedizinischen Dienst waren per Stichtag 15. Oktober 1990 noch 198 Mitarbeiter tätig, von denen 30 ebenso wie die Klägerin unmittelbar im sportmedizinischen Bereich in der Abteilung Physiotherapie eingesetzt waren. Ihrer Qualifikation nach waren diese 30 Mitarbeiter Physiotherapeuten bzw. Fachphysiotherapeuten für Sportmedizin.

Im Hinblick auf den Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland und unter Bezugnahme auf Artikel 13 Absatz 2 des Einigungsvertrages traf der Bundesminister des Innern unter den 27. September 1990 verschiedene Organisationsentscheidungen. Unter I B heißt es dort u.a. wie folgt:

„Einrichtungen, bei den en die endgültige Entscheidung über die Überführung oder Abwicklung bis zum 31. Dezember 1990 hinausgeschoben wird (Fußnote 2 zu Nr. 1 Abs. 2 des Abschnitts III des Kapitels XIX der Anlage 1 des Einigungsvertrages)…

7. Sportverein …(2.510 Mitarbeiter) …”

Am 10. Dezember 1990 traf der Bundesminister des Innern hinsichtlich des Polizeisportvereins erneut eine Organisationsverfügung in der es u.a. wie folgt heißt:

„… Der Polizeisportverein wird mit Wirkung vom 1. Januar 1991 nicht fortgeführt. Zur Abwicklung der Einrich...

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