Entscheidungsstichwort (Thema)
Arzt im Praktikum. AiP. Arzt. Eingruppierung. Approbation. Tarifautonomie. Tariflücke
Leitsatz (amtlich)
Nach Änderung der Bundesärzteordnung und Approbationsordnung für Ärzte mit Wirkung zum 1.10.2004 haben als Ärzte im Praktikum eingestellte Personen, die ab 1.10.2004 nach Erhalt ihrer Approbation weiterbeschäftigt werden, bei entsprechender beidseitiger Tarifbindung ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a zu § 22 BAT bzw. BAT-O.
Normenkette
GG Art. 9; BÄrzteO §§ 2, 2a; BAT/BAT-O § 22
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17.2.2005 – 75 Ca 27381/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der – tarifgebundene – Kläger, der seit dem 1.2.2004 als „Arzt im Praktikum” im Krankenhaus F. der Beklagten im Rahmen der Praktikumsphase beschäftigt wird, begehrt Feststellung, dass ihm nach Erhalt der Vollapprobation am 1.10.2004 Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT-O zusteht.
Dem liegt zugrunde, dass durch die Änderung der Bundesärzteordnung und anderer Gesetze im Juli 2004 die Bundesärzteordnung sowie die Approbationsordnung für Ärzte mit der Folge geändert worden sind, dass die bislang vorgesehene Praktikumsphase als Arzt im Praktikum vor Erlangung der Vollapprobation entfallen ist und die Vollapprobation nunmehr unmittelbar nach Absolvierung der dritten ärztlichen Prüfung erteilt werden kann.
Der Kläger, in dessen Ausbildungsvertrag u.a. auf den Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte im Praktikum vom 5.3.1991 (Mantel-TV-AiP-O) Bezug genommen war, erhielt am 1.10.2004 die Approbation und vertritt – da er mit ärztlichen Tätigkeiten weiterbeschäftigt worden ist – die Auffassung, ihm stehe nunmehr Vergütung auf der Grundlage des BAT-O, und zwar nach der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a BAT-O, auf der Grundlage der beiderseitigen Tarifgebundenheit zu.
Er hat beantragt,
- festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, auf das die Bestimmungen des Tarifvertrages zur Anpassung des Tarifrechts – manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden;
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab dem 1.10.2004 eine Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a des BAT-O in der Fassung vom 10.12.1990 unter Berücksichtigung späterer Änderungen und Ergänzungen sowie unter Berücksichtigung des Einkommensangleichungsgesetzes zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Bestimmungen des Mantel-TV-AiP-O seien weiterhin für das Rechtsverhältnis maßgeblich; die vom Kläger begehrte Anwendung des BAT-O sei nicht gegeben, durch den Wegfall der Regelung über die Ärzte im Praktikum sei eine Tariflücke entstanden, die alleine durch die Tarifvertragsparteien, nicht aber durch die Gerichte geschlossen werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.2.2005 die von ihm für zulässig erachtete Klage als für begründet erklärt. Auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis finde der BAT-O und die ergänzenden Tarifverträge Anwendung und dem Kläger stehe für die Zeit ab dem 1.10.2004 eine Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zu § 22 BAT-O zu. Der BAT-O komme kraft beiderseitiger Tarifbindung zur Anwendung; für die weitere Anwendung des Mantel-TV-AiP-O sei kein Raum, da dieser Tarifvertrag ausschließlich für diejenigen Personen gelte, die eine Tätigkeit als Arzt oder Ärztin im Praktikum ableisteten. Eine solche Tätigkeit übe der Kläger seit dem 1.10.2004, dem Zeitpunkt des Erhalts der Vollapprobation, aber nicht mehr aus. Die zutreffende Vergütungsgruppe ergebe sich aus dem allgemeinen Teil der Anlage 1 a zu § 22 BAT-O, und zwar unter der Vergütungsgruppe II a, Fallgruppe 4: „Ärzte”. Dabei gingen die Tarifvertragsparteien bei der Verwendung des Begriffes Ärzte von dem Begriff aus, wie er durch gesetzliche Regelungen etwa der Bundesärzteordnung und der Approbationsordnung vorgegeben sei. Die Anwendung des BAT-O verstoße nicht gegen die in Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz gewährleistete Tarifautonomie; eine Tariflücke sei nicht gegeben, denn für Arbeitnehmer mit ärztlicher Tätigkeit und Approbation hätten die Tarifvertragsparteien eine Regelung vorgesehen: Dies diese sollten nach dem Willen der Tarifvertragsparteien vom BAT-O erfasst sein und würden auch in der dazugehörenden Vergütungsordnung ausdrücklich genannt. Ein ungeregelter Sachverhalt liege nicht vor. Ob aufgrund d...