Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Hochschulbereich. Änderung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses in ein befristetes Arbeitsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

Wird im Wege des Vertragsschlusses ein unbefristetes in ein befristetes Arbeitsverhältnis geändert, so liegt keine Umgehung zwingender Vorschriften des Kündigungsrechts vor. Im übrigen ist für die Befristung wie bei einem außergerichtlichen Vergleichs ein sachlicher Grund gegeben.

 

Normenkette

BGB § 620

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 08.02.1995; Aktenzeichen 94 Ca 28758/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.01.1996; Aktenzeichen 7 AZR 779/95)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 08.02.1995 – 94 Ca 28758/94 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses.

Der 58jährige Kläger ist promovierter Fachchemiker und war seit 1962 mit einer neunmonatigen Unterbrechung im Jahr 1981 bei der Beklagten, einer Hochschule im Land Berlin, beschäftigt, zuletzt als wissenschaftlicher Oberassistent im Überhang für ein Bruttomonatsgehalt von 6.000,– DM.

Am 01.07.1992 stellte der Kläger bei der zuständigen Struktur- und Berufungskommission (SBK) den Antrag auf Übernahme als Oberassistent und wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Daueraufgaben. Die SBK 1 lehnte den Antrag mit der Begründung ab, daß der Kläger aufgrund seiner Ausbildung als Diplom-Chemiker nur Teilgebiete des Faches Anatomie vertreten könne, ihm aber ärztliche Leistungen auf diesem Gebiet vorbehalten seien.

Mit Schreiben vom 12.11.1993 (vgl. dazu die Kopie des Schreibens Bl. 44 d. A.) wurde dem Kläger eine Weiterbeschäftigung befristet bis zum 31.12.1995 angeboten und für den Fall der Nichtannahme des Vertragsangebots eine Kündigung in Aussicht gestellt. Der Kläger unterschrieb den Änderungsvertrag (vgl. dazu die Kopie des Änderungsvertrages Bl. 47 d. A.) am 22.11.1993. Danach sollte er vom 01.10.1993 bis zum 31.12.1995 befristet als wissenschaftlicher Angestellter für die Beklagte tätig werden. Am 23.02.1994 stellte der Kläger einen Antrag auf Entfristung, den die Beklagte mit Schreiben vom 14.09.1994 ablehnte.

Mit seiner am 05.10.1994 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten am 19.10.1994 zugestellten Klage hat der Kläger die Feststellung des Fortbestehens seines Arbeitsverhältnisses über den 31.12.1995 hinaus begehrt.

Der Kläger hat behauptet, im Hinblick auf die angedrohte Kündigung habe er sich bei Unterzeichnung des Änderungsvertrages unter starkem Druck gefühlt und sich nicht einem langwierigen Kündigungsverfahren aussetzen wollen. Das Hochschulpersonalübernahmegesetz regele nur verwaltungs- und keine arbeitsrechtlichen Sachverhalte, so daß daraus kein sachlicher Grund für eine Befristung herresultiere. Ein sachlicher Grund für die Befristung fehle außerdem, da an der Arbeit des Klägers als Fachchemiker für Medizin am Institut für Anatomie auf unabsehbare Zeit Bedarf bestehe. Die Befristungsmöglichkeiten im Hochschulrecht bezögen sich auf junge Berufsanfänger, die sich auf Befristungen einstellen könnten. Im Zeitpunkt der Befristung habe kein nach dem geltenden Hochschulrecht ordnungsgemäß zustande gekommener Stellenplan vorgelegen, in welchem eine Befristung der Stelle des Klägers bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgesehen gewesen sei. Selbst nach dem Hochschulrahmengesetz sei aber eine Befristung höchstens für die Dauer von fünf Jahren zulässig, die im Fall des Klägers bei weitem überschritten worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 31.12.1995 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, der Kläger habe sein Klagerecht verwirkt, da er den Änderungsvertrag angenommen und erst ein Jahr danach Klage erhoben habe. Durch die vorbehaltlose Annahme habe der Kläger einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen, an dem er sich festhalten lassen müsse.

Der sachliche Grund für die Befristung ergebe sich aus der veränderten Hochschulstruktur und haushaltsrechtlichen Erwägungen. Die Befristung sei aufgrund der 1. Alternative des § 4 Hochschulpersonalübernahmegesetz (HPersÜG) erfolgt. Der Kläger werde auf einer Stelle im Überhang beschäftigt. Sämtliche Überhangstellen würden aus den Sondermitteln finanziert, die der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses von Berlin mit Beschluß vom 04.11.1992 (vgl. dazu konkret den Vortrag im Schriftsatz der Beklagten vom 12.01.1995, S. 5 f., Bl. 27 bis 28 d. A.) zur Verfügung gestellt habe und wonach 50 Verträge für ein Jahr, 100 Verträge für zwei Jahre und 100 Verträge für drei Jahre befristet finanziert werden sollten. Die Beklagte habe das im HPersÜG vorgesehene Verfahren durchgeführt und den Kläger für den Überhang vorgeschlagen. Fü...

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