Revision zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abwicklung zwecks Privatisierung. Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
1. Abwicklung einer Einrichtung setzt ihre Auflösung voraus. Unter Auflösung ist nur ein Handeln zu verstehen, welches dazu führt, daß die Einrichtung als organisatorische Einheit nicht mehr fortbesteht (vgl. BVerfG Urteil vom 24.4.1991 – 1 BvR 1341/90 – unter C III 3 b der Gründe).
2. Die bloße Herauslösung einer Einrichtung aus dem Gefüge der öffentlichen Verwaltung und ihre Übertragung auf einen privaten Träger unter Erhaltung der Identität der organisatorischen Einheit und ihres Betriebszweckes kann weder als Auflösung noch als Abwicklung dieser Einrichtung qualifiziert werden.
3. Bei der Protokollnotiz Nr. 6 zu Art. 13 des Einigungsvertragsgesetzes handelt es sich um eine reine Zuständigkeitsregelung.
Normenkette
Einigungsvertragsgesetz (EVG) und Art. 13; BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 08.04.1992; Aktenzeichen 63 A Ca 16059/91) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufungen der Beklagten zu 1) und 2) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. April 1992 – 63 A Ca 16059/91 – werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers seit dem 3. Mai 1991 bis zum 31. Mai 1992 zur Beklagten zu 2) fortbestanden hat.
II. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen der Beklagte zu 1) zu 3/4, die Beklagte zu 2) zu 1/4.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft Ruhensregelung des Einigungsvertrages mit Ablauf des 30. Juni 1991 geendet hat sowie über die Lohndifferenz zum Wartegeld.
Der Kläger war seit 1987 als Zootierpfleger beim Tierpark … beschäftigt, einer nachgeordneten Einrichtung des Magistrats von Berlin (Magistratsverwaltung von Kultur). Unter dem 6. November 1990 faßte die Gesamtberliner Landesregierung aus Senat und Magistrat einen umfangreichen Überführungs- und Abwicklungsbeschluß zum Aufgabenbereich Kultur, in dem es unter I. heißt:
- „Die in Anlage 1 zur Vorlage Nr. 132/90 aufgeführten nachgeordneten Einrichtungen und Teileinrichtungen der Magistratsverwaltung für Kultur werden nach den Regelungen des Einigungsvertrages auf das Land Berlin überführt.
- Die in Anlage 2 zur Vorlage Nr. 132/90 aufgeführten nachgeordneten Einrichtungen und Teileinrichtungen der Magistratsverwaltung für Kultur werden nach den Regelungen des Einigungsvertrages abgewickelt …”
In Anlage 1 wird, sodann vom Tierpark … die Teileinrichtung … mit 11 von 460 Personalstellen aufgeführt, während in Anloge 2 für eine Abwicklung der gesamte übrige … mit 449 von 460 Stellen erwähnt wird. Weiter heißt es dort:
„Gründung einer GmbH vorgesehen; Übergangslösung; Berichtsauftrag (SenFin); Konzeption für die Fortführung des Betriebs in Abstimmung mit dem …; Termin: 31.12.1990”.
In der Begründung zur Beschlußvorlage Nr. 132/90 vom 5. November 1990 heißt es unter 4.3:
Die Senatsverwaltungen für kulturelle Angelegenheiten, für Finanzen und für Inneres haben sich gemeinsam mit den Magistratsverwaltungen für Kultur, für Finanzen und für Inneres von folgenden grundsätzlichen Erwägungen leiten lassen:
„Einrichtungen oder Teileinrichtungen werden überführt, wenn sie Aufgaben erfüllen, die auch künftig von der Gesamtberliner Verwaltung zu erfüllen sind, und wenn der weit überwiegende Teil des Personals der einzelnen (Teil-)Einrichtung für die Erfüllung dieser Aufgaben benötigt wird.
Einrichtungen und Teileinrichtungen mit einem überwiegenden Anteil künftig nicht mehr in der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmender Aufgaben werden nach den Regelungen des Einigungsvertrages abgewickelt.
Einrichtungen oder Teileinrichtungen, die in anderer, insbesondere in privater Trägerschaft fortgeführt werden, werden ebenfalls grundsätzlich abgewickelt. Das für die Fortführung der Aufgaben erforderliche Personal wird im notwendigen Umfang zeitlich befristet weiterbeschäftigt (Abschluß von Zeitverträgen zur Überbrückung des Zeitraums bis zur Übernahme durch den Träger).”
Wegen des vollständigen Beschlusses nebst Begründung und Anlagen wird auf die bei den Akten befindlichen Ablichtungen (Bl. 33 bis 45 d.A.) verwiesen.
In der Folgezeit gründete der Beklagte zu 1) als Alleingesellschafter die Beklagte zu 2). Diese übernahm mit Wirkung ab 3. Mai 1991 den Betrieb des Tierparks im wesentlichen unverändert, jedoch mit um etwa 100 Stellen reduziertem Personal.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 1990, wegen dessen Inhalt auf die Ablichtung (Bl. 4 und 5 d.A.) verwiesen wird, teilte der Beklagte zu 1) dem Kläger (und etwa 75 weiteren Arbeitnehmern) mit, der Tierpark … werde mit Wirkung ab 1. Januar 1991 abgewickelt, ab diesem Zeitpunkt ruhe deshalb sein Arbeitsverhältnis und ende mit Ablauf des 30. Juni 1991 unter Wartegeldzahlung bis zu diesem Zeitpunkt.
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 28. Juni 1991 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten Feststellungsklage zunächst gegen den Beklagten zu 1) gewandt und mit ei...