Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf einer einzelvertraglichen vereinbarten zusätzlichen Leistung
Leitsatz (amtlich)
Der Widerruf einer freiwillig unter Widerrufsvorbehalt gestellten einzelvertraglich als Allgemeine Geschäftsbedingung geregelten Leistung (Zulage) ist nicht schon deswegen wegen Verstoßes gegen §§ 308 Nr. 4, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB n. F. rechtsunwirksam, weil der Arbeitgeber in der Abrede keine Widerrufsgründe benannt hat. Dies beruht darauf, dass es im Arbeitsverhältnis auf die angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts ankommt (entgegen Arbeitsgericht Düsseldorf DB 04, 81 und einer verbreitet vertretenen Auffassung in der Literatur).
Daher sind bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit des erklärten Widerrufs weiterhin die bisherigen Grundsätze der Rechtsprechung des BAG heranzuziehen.
Normenkette
BGB § 308 Nr. 4 n. F, § 307 Abs. 1 S. 2 n. F, § 315
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. September 2003 – 91 Ca 12045/03 – abgeändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Weiterzahlung einer Zulage.
Der Kläger trat mit Wirkung zum 01. August 1989 als Tierpfleger in die Dienste der beklagten Universität; und zwar zuletzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 02. November 1989. Danach heißt es in § 2 des Arbeitsvertrags u. a.:
Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31. Januar 1962 mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen sowie den an ihre Stelle tretenden Tarifverträgen – alle in ihrer jeweils geltenden Fassung –.
Daneben sind die für den Bereich des Arbeitgebers in Kraft befindlichen und künftig in Kraft tretenden sonstigen Tarifverträge, sofern sie dieses Arbeitsverhältnis nach ihrem Geltungsbereich erfassen können, in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden.
Mit Wirkung ab 01. August 1989 zahlte die Beklagte dem Kläger eine monatliche Funktionszulage nach den Bestimmungen des Tarifvertrags über die Gewährung einer Funktionszulage an Arbeiter der Universitäten vom 01. Juli 1971 in der jeweils gültigen Fassung; und zwar auf der Basis einer Nebenabrede gemäß § 4 Abs. 2 BMT-G vom 02. März 1990; darin würde u.a. folgendes geregelt:
§ 4
Bei Wegfall der Voraussetzungen zur Zahlung der Funktionszulage ist die Personalstelle für Lohnempfänger unverzüglich zu unterrichten. Ggf. überzahlte Beträge sind zurückzuzahlen oder mit den Lohnbezügen zu verrechnen.
§ 5
Diese Nebenabrede gilt, bis sie widerrufen wird. Der Widerruf kann, ohne dass der Arbeitsvertrag hierdurch berührt wird, jederzeit ohne Einhaltung einer Frist ausgesprochen werden.
Der Kläger bezieht Lohn nach der Lohngruppe 7 a der Anlage 1 (Lohngruppenverzeichnis) zum Berliner Bezirkstarifvertrag Nr. 2 vom 07. Juni 1991. Die Funktionszulage macht 8 % des jeweiligen Monatstabellenlohns der Stufe 1 der Lohngruppe aus. Wie die Parteien zuletzt unstreitig festgestellt haben, ergibt sich daraus für den Kläger eine Zulage in Höhe von monatlich 166,63 EUR brutto.
Der Arbeitgeberverband kündigte den Tarifvertrag zum 31. Dezember 2001. Im Jahre 2002 beanstandete der Landesrechnungshof die Zahlung der Funktionszulage. Dies veranlasste die Beklagte, bei allen Tierpflegern deren Tätigkeiten mit dem Ziel der Feststellung zu erfassen, ob danach weiterhin die tatbestandlichen Voraussetzungen der Funktionszulage bestehen. Auf den vom Kläger unterzeichneten Auswertungsbogen wird Bezug genommen (Bl. 26 d. A.).
Mit Schreiben vom 24. Februar 2003 widerrief die Beklagte die Nebenabrede mit Wirkung zum 28. Februar 2003 und stellte ab März 2003 die Zahlung ein. Damit ist der Kläger, der im Januar 2003 der Gewerkschaft Verdi beigetreten ist, nicht einverstanden.
Der Kläger hat geltend gemacht, nach den von ihm ausgeübten Tätigkeiten habe er auch über den Monat Februar 2003 hinaus weiterhin die Voraussetzungen der Zahlung der Funktionszulage erfüllt; von der vereinbarten Zahlung der Zulage könne die Beklagte ohne Kündigung nicht abweichen.
Hinsichtlich des weiteren Tatbestandes erster Instanz wird auf denjenigen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Durch ein am 12. September 2003 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage mit den Anträgen,
- die Beklagte zur verurteilen, an den Kläger 1186,30 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23. Mai 2003 zu zahlen, sowie
- festzustellen, dass die in der Nebenabrede vom 16. Juni 1993 vereinbarte Funktionszulage in Höhe von 8 % des Monatstabellenlohnes der Stufe 1 seiner Lohngruppe nach dem Tarifvertrag über die Gewährung einer Funktionszulage an Arbeiter der Universität vom 01. April 1971 weiter zu gewähren ist,
stattgegeben. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen des gel...