Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußererkündigung mit Erwerberkonzept im Insolvenzverfahren
Leitsatz (amtlich)
Veräußererkündigung mit Erwerberkonzept im Insolvenzverfahren
Normenkette
BGB § 613a Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 13.06.2001; Aktenzeichen 51 Ca 3870/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. Juni 2001 – 51 Ca 3870/01 – dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers durch eine Kündigung des Insolvenzverwalters auf der Grundlage eines Erwerberkonzepts aufgelöst worden ist oder mit dem Erwerber fortbesteht.
Der Kläger war ausweislich des Anstellungsvertrags vom 28. Oktober 1998, wegen dessen Inhalts im Einzelnen auf die Fotokopie (Bl. 30–33 d.A.) verwiesen wird, seit dem 1. November 1998 bei der Schuldnerin als Betriebsorganisationsleiter zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 8.500,– DM beschäftigt. Der Kläger macht geltend, bereits seit 1982 bei der Rechtsvorgängerin der Schuldnerin beschäftigt gewesen zu sein.
Der Kläger war auf der Grundlage der Stellenbeschreibung vom 28. Oktober 1998 (Bl. 34 d.A.) als Organisationsleiter der Schuldnerin unmittelbar deren Alleingeschäftsführer unterstellt, mit der Leitung des gesamten operativen Geschäfts beauftragt, zur selbständigen Einstellung und Entlassung berechtigt und hat diese Aufgaben durchgängig tatsächlich wahrgenommen.
Mit dem Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 1. September 2000 – 103 IN 2212/00 – wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt.
Am 15. Januar 2001 schloss dieser mit dem bei der Schuldnerin bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich gemäß § 125 InsO mit Sanierungskonzept und Namensliste, wegen dessen Inhalts im Einzelnen auf die Fotokopie (Bl. 36 ff. d.A.) verwiesen wird.
Der Beklagte zu 1) kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem dem Kläger am 16. Januar 2001 zugegangenen Schreiben gleichen Datums (Bl. 10 d.A.) zum 30. April 2001.
Mit Wirkung zum 17. Januar 2001 veräußerte der Beklagte zu 1) den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin an die Beklagte zu 2).
Nach dem 17. Januar 2001 übernahmen die beiden Geschäftsführer der Beklagten zu 2) die gesamte Funktion der Betriebs- und Organisationsleitung unter Fortfall dieser betrieblichen Hierarchieebene.
Mit der am 6. Februar 2001 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger erstinstanzlich zuletzt beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 16. Januar 2001 nicht aufgelöst worden ist;
- festzustellen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) seit dem 17. Januar 2001 ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 57–58 d.A.) abgesehen (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Durch das Urteil vom 13. Juni 2001 hat das Arbeitsgericht nach den Anträgen des Klägers erkannt, den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits bei einem Streitwert von 34.000,– DM im Verhältnis von 3/4 zu Lasten der Beklagten zu 1) und 1/4 zu Lasten der Beklagten zu 2) auferlegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung vom 16. Januar 2001 sei sozial ungerechtfertigt, weil das der Kündigung des Beklagten zu 1) zugrundeliegende Konzept im Veräußererbetrieb wegen des Fehlens einer Doppelgeschäftsführung nicht habe durchgeführt werden können. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Bl. 59–62 d.A.) verwiesen.
Gegen das den Beklagten am 13. Juli 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. August 2001 bei dem Landesarbeitsgericht Berlin eingegangene Berufung, die die Beklagten mit einem am 10. September 2001 eingegangenen Schriftsatz wie folgt begründen: Die Kündigungsmöglichkeit des Beklagten zu 1) dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, ob er selbst das Erwerberkonzept bei Fortführung des Betriebs habe durchführen können. Eine derartige Einschränkung sei nach Sinn und Zweck der Schutzvorschrift gemäß § 613a Abs. 4 BGB weder geboten noch erforderlich. Dies werde auch von der wohl überwiegenden Auffassung in der Literatur so gesehen.
Die Beklagten und Berufungskläger beantragen,
- das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13.06.2001 – 51 Ca 3870/01 – wird geändert,
- die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung vom 10. September 2001 (Bl. 73–79 d.A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 30. November 2001 (Bl. 94–95 d....