Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbstschuldnerische Bürgenhaftung von Generalunternehmern im Baugewerbe
Leitsatz (amtlich)
1. § 1 a S. 1 AEntG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG
2. Hauptschuldner und selbstschuldnerischer Bürge sind als solche und nicht als oder wie Gesamtschuldner zu verurteilen
Normenkette
AEntG § 1a; BGB § 421; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; ZPO § 100 Abs. 1, § 308 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 07.12.2000; Aktenzeichen 71 Ca 2471/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. Dezember 2000 – 71 Ca 24717/00 – im Kostenausspruch und insoweit geändert, wie die Beklagte zu 2 zur Zahlung von mehr als 3.417,44 DM netto nebst Zinsen und als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1 verurteilt worden ist, und die Klage insoweit mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Verurteilung der Beklagten zu 2 als Bürge neben der Beklagten zu 1 als Hauptschuldner erfolgt.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Gerichtskosten erster Instanz haben bei einem Streitwert von 4.819,23 DM der Kläger zu 6,81 %, die Beklagte zu 1 zu 54,52 % und die Beklagte zu 2 zu 38,67 % zu tragen; die außergerichtlichen Kosten des Klägers haben die Beklagte zu 1 zu 54,52 % und die Beklagte zu 2 zu 38,67 % zu tragen, während der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 zu 14,97 % zu tragen hat.
Die Kosten der Berufungsinstanz sind bei einem Streitwert von 4.019,23 DM vom Kläger zu 14,97 % und von der Beklagten zu 2 zu 85,03 % zu tragen.
4. Die Revision wird für die Beklagte zu 2 zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Portugiese. Er war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 21. Februar 2000 (Übersetzung Bl. 63–71 d. A.) in der Zeit vom 21. Februar bis 15. Mai 2000 als Maurer für die Beklagte zu 1 auf einer Baustelle in Berlin tätig, wo diese als Auftragnehmerin der Beklagten zu 2 agierte. Der monatliche Bruttolohn sollte 220.000,00 (portugiesische) Escudos betragen, was rund 2.200,00 DM entsprach.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.019,23 DM netto Restlohn nebst Zinsen zu zahlen, die Beklagte zu 1 außerdem zur Erteilung von Lohnabrechnungen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach Angaben des Geschäftsführers der Beklagten zu 1 im Verhandlungstermin sei mit dem Kläger eine Nettolohnvereinbarung getroffen worden. Soweit der Kläger auch Bezahlung von Überstunden nebst Zuschlag begehre, mache er Beträge geltend, die unter dem an sich geschuldeten Mindestlohn lägen. Für seine Forderung hafte die Beklagte zu 2 dem Kläger als Gesamtschuldnerin mit der Beklagten zu 1 gemäß § 1 a AEntG wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet habe, weil sie die Beklagte zu 1 mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt habe. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm bestünden keine Zweifel.
Gegen dieses ihr am 16. Februar 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 06. März 2001 eingelegte und am 22. März 2001 begründete Berufung der Beklagten zu 2. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die Erklärung über eine Nettolohnvereinbarung von einem Geschäftsführer der Beklagten zu 1 oder einem dazu Bevollmächtigten abgegeben worden sei. Die Stundenaufstellung des Klägers (Übersetzung Bl. 72 d. A.) weise lediglich Überstunden, nicht jedoch regelmäßig geleistete Stunden aus. § 1 a AEntG verstoße gegen Artt. 3 Abs. 1
Die Beklagte zu 2 beantragt,
die Klage unter Änderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die erstinstanzlich in Ablichtung zur Akte gereichte „Generalhandlungsvollmacht für den Geschäftsführer des Firmeninhabers” (Bl. 101 d.A.), meint, die Beklagte zu 2 müsse sich das prozessuale Verhalten der Beklagten zu 1 zurechnen lassen und hält § 1 a AEntG für verfassungsmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die Berufung ist teilweise begründet.
1.1 Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Arbeitssachen, von deren Prüfung nicht gemäß § 65 ArbGG abgesehen werden konnte (vgl. BAG, Urteil vom 24.08.1989 – 2 AZR 3/89 – BAGE 63, 17 = AP Internat. Privatrecht/Arbeitsrecht Nr. 30 zu 11 der Gründe), ergab sich aus § 8 S. 1 AEntG.
1.2 Die Klage ist weitgehend begründet.
Der Kläger hat gemäß § 1 a AEntG gegen die Beklagte zu 2 einen Anspruch auf Zahlung von Mindestentgelt i.H.v. 3.417,44 DM netto.
Gemäß § 1 a S. 1 AEntG haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen i.S.d. § 211 Abs. 1 SGB III beauftragt, für dessen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestentgelts an einen Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 a S. 4 Hs. 1 und S. 5 AEntG wie ein Bürge, der auf die E...