Verfahrensgang
ArbG Brandenburg (Beschluss vom 23.02.1998; Aktenzeichen 2 Ca 33/98) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 23.02.1998 – 2 Ca 33/98 – abgeändert:
Die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erfolgt mit der Maßgabe, daß die Klägerin verpflichtet ist, aus ihrem Einkommen monatliche Raten in Höhe von … M. zu zahlen.
Gründe
Die Beschwerde ist nach § 127 Abs. 3 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. In der Sache hat sie Erfolg.
Die Klägerin verfügt gemäß ihren belegten Angaben über ein nach § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen in Höhe von … M. Hieraus folgt nach § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO ihre Verpflichtung zur monatlichen Ratenzahlung von … DM
1.
Das Einkommen der Klägerin besteht aus ihrem monatlichen Arbeitslosengeld von … DM sowie aus dem monatlichen Kindergeld von – … DM, das sie für ihren Sohn erhält. Hieraus ergibt sich ein Gesamteinkommen von … M. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist das Kindergeld als Einkommen zu berücksichtigen. Allerdings wird diese Frage unterschiedlich beantwortet (vgl. Baumbach/Hartmann, ZPO, 56. Auflage, § 115 Rdn. 28; Zöller, ZPO, 20. Auflage, § 115 Rdn. 19; jeweils m.w.N.).
Nach § 115 Abs. 1 ZPO hat die Partei ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldwert. Eine entsprechende Regelung des Einkommensbegriffs enthält § 76 Abs. 1 BSHG. Gestützt auf mehrere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30.11.1966 – V C 29.66 – in BVerwGE 25, 307, 312; Urteil vom 16.2.1972 – V C 6.71 – in BVerwGE 39, 314, 317) zu der Frage, ob Kindergeld dem Einkommen im Sinne des § 76 Abs. 1 BSHG zuzurechnen ist, wird die Auffassung vertreten, daß das Kindergeld auch im Rahmen der Prozeßkostenhilfe nicht als Einkommen berücksichtigt werden kann. In aller Regel sei davon auszugehen, dass der berechtigte Elternteil das Kindergeld dem in seinem Haushalt lebenden Kind zuwendet, um so dessen sozialhilferechtlichen Bedarf zu decken. Mit der Nichtberücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen soll verhindert werden, dass für die Kinder ein sozialhilferechtlich ungedeckter Bedarf entsteht. (vgl. Teske in Anmerkung zu LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 24.3.1988 – 1 Ta 42/88 – in LAGE Nr. 33 zu § 115 ZPO; LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 22.7.1994 – 11 Ta 122/94 – in NZA 1995, 911).
In dem Urteil vom 16.2.1972 (–V C 6.71–, a.a.O.) hat das Bundesverwaltungsgericht festgehalten, dass Kindergeld Einkommen im Sinne des § 76 BSHG ist und auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt angerechnet werden muss. Es hat aber unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 30.11.1966 (V C 29.66, a.a.O.) von einer Anrechnung auf das Einkommen des berechtigten Elternteils abgesehen, wenn es an die Kinder weitergereicht wird. Dabei ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass das Kindergeld allenfalls bis zur Höhe des sozialhilferechtlichen Bedarfs an die Kinder weitergereicht werden kann und im Regelfall der intakten Familie die Anrechnung bei den Eltern oder den Kindern gleichsteht, weil eine Erhöhung der für die Familie insgesamt aufzubringenden Leistungen nicht eintritt. Die Entscheidungen, die in der Literatur auf Kritik gestoßen sind (vgl. Mergler-Zink, BSHG, Stand Januar 1998, § 78 Rdn. 28 m.w.N.), lassen aber wegen der Gleichstellung der Anrechnung bei den Eltern oder den Kindern im Regelfall durchaus zu, das Kindergeld bei dem Einkommen des berechtigten Elternteils zu berücksichtigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch in seinem Urteil vom 25.11.1993 – 5 C 8.90 – (BVerwGE 94, 326) ausführlich klargestellt, dass Kindergeld Einkommen im Sinne des § 76 Abs. 1 BSHG ist. Das Bundessozialgericht sieht ebenfalls das Kindergeld als Einkommen im Sinne des § 76 BSHG und rechnet es bei dem Bezugsberechtigten an (vgl. BSG Urteil vom 9.11.1989 – 11 Rar 7/89 – in BSGE 66, 63).
Demnach kann auch nach der Rechtsprechung zu § 76 BSHG das Kindergeld bei der Einkommensermittlung nicht unberücksichtigt bleiben. Die zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts würde allenfalls zulassen, es nicht dem Einkommen des Bezugsberechtigten sondern dem des Kindes zuzurechnen. Auf die Einkommensermittlung des Antragstellers im Prozesskostenhilfeverfahren ist das jedoch nicht übertragbar.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wäre die Weiterreichung des Kindergeldes allenfalls bis zur Höhe des sozialhilferechtlichen Bedarfs an die Kinder möglich. Der Bedarf wird aber nach § 115 Abs. 1 Nummer 2 ZPO durch die Freibeträge abgedeckt, die sich nach dem Sozialhilferecht orientieren und derzeit 466,00 DM je Kind betragen. Sie entsprechen dem höchsten Regelsatz der Sozialhilfe für Kinder, der derzeit im Land Brandenburg 464,00 DM beträgt. Für eine Weiterreichung des Kindergeldes besteht damit kein Raum.
Hinzu kommt, dass das Kindergeld nunmehr gemäß Artikel 1 des Jahressteuergesetzes 1996 durch die neu eingefügten §§ 31 ff des Einkommenssteuergesetzes geregelt wird. Nach § 31 EStG wird die steuerl...