Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswegzuständigkeit. Wahl Schwerbehindertenvertretung
Leitsatz (redaktionell)
Der Sinn der Rechtswegregelung ist es, das Streitverhältnis der Verfahrensordnung zuzuweisen, der es nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am ehesten entspricht. Regelmäßig sind daher diejenigen Gerichte anzurufen, die durch ihre Sachnähe und Sachkunde zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind. Das sind im Bereich des Personalvertretungsrechts die Verwaltungsgerichte, deren Rechtswegzuständigkeit für die Wahlanfechtung nach dem Personalvertretungsrecht des Landes Brandenburg in § 25 LPersVG geregelt ist. § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG ist daher im Zusammenhang mit den Rechtswegregelungen der in § 94 Abs. 6 S. 2 SGB IX in Bezug genommenen Rechtsvorschriften zu sehen und dementsprechend eingeschränkt zu verstehen. Dies betrifft angesichts der Rechtswegregelungen im Personalvertretungsgesetz den gesamten öffentlichen Dienst.
Normenkette
GVG § 17a; LPersVG Brandenburg § 25; SGB IX § 94 Abs. 6 S. 2; ArbGG § 2a Abs. 1 Nr. 3a
Verfahrensgang
ArbG Cottbus (Beschluss vom 08.01.2003; Aktenzeichen 8 BV 32/02) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 08.01.2003 – 8 BV 32/02 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Am 21.11.2002 wurde in dem staatlichen Schulamt Cxxxxxx des beteiligten Landes die Wahl der Schwerbehindertenvertretung durchgeführt. Die Antragstellerin war Wahlberechtigte und Mitglied des Wahlvorstandes. Mit der am 02.12.2002 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antragschrift hat sie im Beschlussverfahren die Wirksamkeit der Wahl angegriffen und beantragt,
die Wahl der Schwerbehindertenvertretung beim Staatlichen Schulamt Cxxxxxx vom 21.11.2002 für nichtig, hilfsweise für unwirksam zu erklären.
Das Arbeitsgericht sich hat mit Beschluss vom 08.01.2003 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen. Gegen den ihr am 22.01.2003 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 31.01.2003 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht gemäß Beschluss vom 05.03.2003 nicht abgeholfen hat.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass nach der Neuregelung des § 2 a Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen auch dann zulässig ist, wenn die Wahl der Schwerbehindertenvertretung einer Dienststelle des öffentlichen Dienstes angefochten wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte Beschwerde ist gemäß §§ 78, 83 Abs. 5 ArbGG, 567, 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat sie keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts festgestellt.
Gegenstand der vorliegenden Rechtsstreitigkeit ist die Unwirksamkeit der Wahl der Schwerbehindertenvertretung bei dem Schulamt. Dabei wird im Wege der eventuellen Antragshäufung mit dem Hauptantrag ihre Nichtigkeit und mit dem Hilfsantrag ihre Ungültigkeit auf Grund der Wahlanfechtung geltend gemacht. Eine der eventuellen Klagehäufung nach § 260 ZPO entsprechende Antragshäufung ist grundsätzlich auch im Beschlussverfahren nach §§ 2a, 80 ff ArbGG möglich (vgl. BAG Beschluss vom 21.02.1978 – 1 ABR 54/76 – in AP Nr. 1 zu § 74 BetrVG 72; BAG Beschluss vom 28.01.1986 – 1 ABR 10/84 – in AP Nr. 34 zu § 99 BetrVG 72). Über den Hilfsantrag hat das Gericht erst zu entscheiden, wenn der Antragsteller mit seinem Hauptantrag keinen Erfolg hat. Dementsprechend ist für die Rechtswegzuständigkeit zunächst der Hauptantrag maßgebend. Ist für ihn die Rechtswegzuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht gegeben, ist der Rechtsstreit insgesamt an das Gericht des zulässigen Rechtsweges zu verweisen. Die Bindungswirkung erfasst aber nur den Hauptantrag, dessentwegen verwiesen wird. Erst wenn über ihn eine abweisende Entscheidung ergangen ist, kann wegen des Hilfsantrags erneut verwiesen werden (vgl. BGH Urteil vom 15.01.1998 – 1 ZB 20/97 – in NJW 1998, 2743; BGH Urteil vom 23.06.1975 – III ZR 76/73 – in NJW 75, 2015). Die Rechtswegverweisung kann daher nicht allein darauf gestützt werden, dass die Verwaltungsgerichte und nicht die Gerichte für Arbeitssachen für die mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Wahlanfechtung nach §§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX, 25 Abs. 2 Satz 3 LPersVG Brandenburg zuständig sind. Gleichwohl ist der Rechtsstreit zu Recht verwiesen worden. Die Rechtswegzuständigkeit für die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Nichtigkeit ist nicht anders zu beurteilen als für die Wahlanfechtung.
Die Ungültigkeit der Wahl kann nur im Wahlanfechtungsverfahren geltend gemacht werden. Da im vorliegenden Fall das LPersVG Brandenburg Anwendung findet, sind für die Anfechtung gemäß § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX die Bestimmungen des § 25 LPersVG Brandenburg maßgebend, ...