Verfahrensgang
ArbG Neuruppin (Aktenzeichen 3 Ca 2394/97) |
Nachgehend
Tenor
1. Dem Bundesverfassungsgericht wird die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Art. 110 Abs. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg vom 20.08.1992, wonach eine Kündigung oder Entlassung von ehrenamtlichen Richtern während ihrer Amtszeit nur zulässig ist, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber oder Dienstherrn zur fristlosen Kündigung berechtigen, mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
2. Das Verfahren wird gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der Kläger ist seit 1968 im Betrieb der Beklagten beschäftigt, und zwar zuletzt als Bauleiter gegen eine monatliche Bruttovergütung von 6.447,00 DM auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 01.04.1991. Er ist Vorsitzender des Betriebsrates der Niederlassung H. und des Gesamtbetriebsrates sowie ehrenamtlicher Richter beim Landesarbeitsgericht B.
Die Beklagte, eine 100%ige Tochter der B. & B. Bau AG, hatte drei Niederlassungen, und zwar in H. R. und P. Räumlich angegliedert an letztere ist die zentrale Unternehmensleitung mit dem kaufmännischen und technischen Geschäftsführer sowie Stabsstellen. Die – ins Handelsregister eingetragenen – Niederlassungen werden als Profit-Center geführt. Die Niederlassungsleiter haben Einstellungs- und Entlassungsbefugnis und sind für den Betriebsablauf in der Niederlassung verantwortlich. Die Lohn- und Gehaltsabrechnung erfolgt zentral für die Niederlassungen, die auch das Cash-Management-System der Muttergesellschaft nutzen.
Am 12.02.1997 faßte die Gesellschafterin der Beklagten den Beschluß, die Niederlassung H. zum 30.06.1997 zu schließen. Die wirtschaftlichen Hintergründe wurden im Wirtschaftsausschuß erörtert. Mit dem Betriebsrat, vertreten durch den Kläger, wurden Verhandlungen über einen Interessenausgleich geführt. Die Beklagte kündigte die Arbeitsverhältnisse aller 88 in der Niederlassung H. beschäftigten Arbeitnehmer, alle Versorgungsverträge (Strom etc.), ließ die Werkshalle abreißen und gab zum 31.05.1997 das Betriebsgelände nach Kündigung des Pachtvertrages zurück. Maschinen wurden anderen Niederlassungen übergeben und das Gewerbe abgemeldet.
Mit dem Schreiben vom 25.04.1997 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30.11.1997.
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 15.05.1997 beim Arbeitsgericht P. eingegangenen Klage gewandt. Dieses hat den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht N. verwiesen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Niederlassung H. habe es sich nicht um einen eigenständigen Betrieb gehandelt, da das Direktionsrecht in erheblichem Umfang von der Zentrale ausgeübt und Entscheidungen über die Durchführung von Aufträgen in den Submissionssitzungen getroffen worden seien. Deshalb und im Hinblick auf seine Funktion als Gesamtbetriebsratsvorsitzender sowie als ehrenamtlicher Richter bestünde eine Weiterbeschäftigungspflicht in einem anderen Betrieb des Unternehmens.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 25.06.1997 nicht beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein über § 15 Abs. 4 KSchG hinausgehender Kündigungsschutz nicht zu, so daß aufgrund der Betriebsschließung und der fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Betrieb des Unternehmens die Kündigung berechtigt sei; eine andere Auslegung des Art. 110 der Brandenburgischen Verfassung sei, soweit sie die Kündigung wegen Betriebsstillegung verbiete, verfassungswidrig.
Das Arbeitsgericht N. hat die Klage mit dem am 09.10.1997 verkündeten Urteil, auf dessen Tatbestand zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (Bl. 72 bis 76 d.A.), abgewiesen und den Streitwert auf 19.005,00 DM festgesetzt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei wegen Betriebsstillegung sozial gerechtfertigt. Eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb der Beklagten sei nicht möglich, da ein freier Arbeitsplatz nicht vorhanden sei. Weder § 15 Abs. 4 KSchG noch Art. 110 LV Bbg gebiete es, für den Kläger einen Arbeitsplatz freizukündigen.
Gegen dieses ihm am 20.11.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger mit dem am 22.12.1997 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 22.01.1998 begründet.
Er trägt vor: Der Stillegungsentschluß habe zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine greifbaren Formen angenommen gehabt. Die Stillegung habe sich auch nicht auf sein Arbeitsverhältnis ausgewirkt, da der Vertrag mit der Zentrale in P. abgeschlossen und diese auch im wesentlichen das Direktionsrecht ausgeübt habe; eine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf die Niederlassung Hennigsdorf habe nicht stattgefunden. Sowohl die Personalaktenführung als auch die Akquise sei zentral erfolgt. Eine Weiterbeschäftigu...