Verfahrensgang

ArbG Neuruppin (Urteil vom 04.05.1992; Aktenzeichen 1 Ca 7942/91)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 04.05.1992 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin – 1 Ca 7942/91 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 2.660,40 DM brutto zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahren trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit März 1975 in einer Einrichtung beschäftigt, welche der Übernachtung und Beherbergung von Gästen dient. Dieses Haus unterstand bis zum 02.10.1990 als „Gästeheim des Ministerrates” dem Amt des Ministerpräsidenten der DDR. Dort verbrachten in erster Linie Funktionäre mit ihren Familien den Urlaub. Mit dem Beitritt der ehemaligen DDR ging das Eigentum an den Einrichtungen des ehemaligen Amtes des Ministerpräsidenten und damit auch das Gästeheim auf die Bundesrepublik Deutschland über.

Im Dezember 1990 entschied der Bundesminister der Finanzen für die Bundesrepublik, diese Einrichtungen nicht „in die Verwaltung des Bundes zu überführen” und sie „in geeigneter Weise wirtschaftlich zu verwerten”. Gleichzeitig wurde „im Interesse eines kontinuierlichen Überganges” und „um dieses Ziel nicht zu beeinträchtigen” angeordnet, „bis zum Zeitpunkt einer wirtschaftlichen Verwertung Arbeitskräfte vorübergehend zu beschäftigen”. Daraufhin erhielten von den 49 Beschäftigten der Einrichtung 40 einen befristeten Arbeitsvertrag bis zum 30.06.1991, um den Geschäftsbetrieb bis zur Verwertung aufrechterhalten zu können. In der Folgezeit wurde das Gästeheim als Hotel … weiter betrieben und die Verträge der befristet beschäftigten Mitarbeiter mehrfach zuletzt bis zum 31.12.1992 – verlängert. Ab 01.01.1993 ist der Betrieb verpachtet und wird als Hotel weitergeführt.

Neun der Beschäftigten – darunter der Klägerin – wurde mit Schreiben vom 14.12.1990 mitgeteilt, daß ihre Arbeitsverhältnisse ab 01.01.1991 ruhten und nach 6 bzw. 9 Monaten enden sollten. Die Klägerin hat bis zum 30.06.1991 Wartegeld bezogen.

Die Klägerin hat beantragt

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 30.06.1991 hinaus fortbesteht;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die Differenz zwischen dem gezahlten Wartegeld und dem der Klägerin zustehenden Lohn nachzuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin habe geendet, weil die Bundesregierung keine positive Organisationsentscheidung im Sinne einer Überführung der Einrichtung getroffen und ihre Verwertung angeordnet habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, zu einer Auflösung der Einrichtung sei es nicht gekommen. Allein mit dem Wechsel der Rechtsträgerschaft sei die organisatorische Einheit des Gästeheimes nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr erhalten worden.

Gegen dieses der Beklagten am 22.06.1992 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 16.07.1992 beim Landesarbeitsgericht Brandenburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem dort am 06.08.1992 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, mit ihrer Entscheidung, das Hotel bis zu seiner Verwertung weiterhin zu betreiben, habe sie den durch den Einigungsvertrag vorgegebenen Rahmen genutzt und sich nur an die Vorschriften des Haushaltsrechts gehalten, welche einen wirtschaftlichen und sparsamen Umgang auch mit dem Bundesvermögen vorsehen. Der Einigungsvertrag sehe keine zeitlichen Grenzen bei der Abwicklung vor. Entscheidend für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei, daß die Beklagte sich nicht für eine Überführung sondern dagegen entschieden habe.

Die Beklagte beantragt

auf die Berufung der Beklagten das am 04.05.1992 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin – 1 Ca 7942/91 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt

  1. die Berufung zurückzuweisen;
  2. im Wege der Klageänderung des Antrags zu 2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.660,40 DM brutto zu zahlen.

Mit dem jetzt bezifferten Zahlungsantrag macht sie nach wie vor die in der Höhe unstreitige Zahlung der Differenz zwischen dem Wartegeld und ihrem Bruttoverdienst für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.1991 geltend. Sie meint, auf eine negative Überführungsentscheidung könne es nicht ankommen. Die Überführung auf einen privaten Träger könne nicht als Auflösung verstanden werden, wenn die Einrichtung erhalten bleibt und weiter betrieben wird.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt ihrer vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die nach den §§ 64, 66 ArbGG, 518 ff ZPO zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klage ist insgesamt begründet.

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete nicht am 30.06.1991. Ebensowenig ruhte es in der Zeit ab 01.01.1991. Die Beklagte ist verpflichet, der Klägerin für diesen Zeitraum den vereinbarten Lohn zu zahlen, soweit es nicht schon mit der Zahlung von Wartegeld...

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