Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristete Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung von Lehrkräften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Befristung einzelner Vertragbedingungen bedarf eines Sachgrunds, wenn sie im Fall der unbefristeten Vereinbarung dem Änderungsschutz nach § 2 KSchG unterläge, weil sie nach Inhalt und Umfang die Arbeitspflicht in einer Weise ändert, die sich unmittelbar auf die Vergütung auswirkt und damit das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung maßgeblich beeinflusst.

2. Die bloße Unsicherheit des Arbeitgebers über die künftige Entwicklung seines Arbeitskräftebedarfs kann die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ebenso wenig rechtfertigen wie die Befristung einer teilweisen Erhöhung der Arbeitszeiten.

 

Normenkette

TzBfG § 14; KSchG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 11.06.2002; Aktenzeichen 2 Ca 757/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen 7 AZR 213/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das am11.06.2002 verkündeteUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob eine Erhöhung der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung und die damit verbundene Verlängerung der Wochenarbeitszeit des Klägers wirksam befristet werden konnte.

Der Kläger wird seit 1994 vom beklagten Land als Lehrer mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 2.600.– EUR beschäftigt. Im Mai 1998 schloss das beklagte Land mit einer Gewerkschaft und verschiedenen Lehrerverbänden eine „Vereinbarung zu Arbeitsplatzsicherheit und Qualitätssicherung in der Schule Bxxxxxxxxxxx” ab. Sie sieht unter anderem vor, dass Lehrer unbefristet mit zwei Drittel der Pflichtstundenzahl eines Vollbeschäftigten arbeiten und eine jährliche befristete Aufstockungen der Unterrichtsverpflichtungen je nach prognostizierten Bedarf abschließen können. Das beklagte Land berechnet schuljahrs- und schulstufenbezogen den Lehrerbedarf für das gesamte Land und macht gestützt auf diese Berechnung seine Angebote zur befristeten Aufstockung der Pflichtstundenzahlen.

Im Februar 1999 vereinbarten die Parteien „auf der Grundlage der Vereinbarung” vom Mai 1998 für die Zeit ab August 1999 eine unbefristete Beschäftigung des Klägers mit zwei Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit, das bedeutete damals mit 18 Unterrichtsstunden in der Woche. Gleichzeitig verpflichtete sich das beklagte Land, die Möglichkeit zu überprüfen, den vereinbarten Beschäftigungsumfang schuljahrsbezogen zu erhöhen und dem Kläger jeweils ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten. Für die Dauer der bedarfsbedingten Teilzeitbeschäftigung schlossen die Parteien betriebsbedingte Kündigungen aus.

Die Unterrichtsverpflichtungen des Klägers wurden für das Schuljahr 99/00 um 8 Stunden (Vollzeittätigkeit) und für das Schuljahr 00/01 um 7 Stunden aufgestockt. Für das Schuljahr 2001/2002 hat das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom Juli 2001 eine Aufstockung um 8 Stunden und damit seine Vollzeitbeschäftigung angeboten. Dies Angebot hat er mit Schreiben vom November 2001 angenommen.

Der Kläger hält die befristete Aufstockung seiner Unterrichtsverpflichtungen für unwirksam und hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Teilzeitarbeitsverhältnis des Klägers im Umfang von 8/26 Pflichtstunden wöchentlich zusätzlich zum unbefristet vereinbarten Teilzeitarbeitsverhältnis im Umfang von 18/26 Pflichtstunden wöchentlich nicht aufgrund der Befristung vom 18.07.01. zum 31.7.02. enden wird;
  2. hilfsweise für den Fall der Stattgabe des Feststellungsantrags das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits vollzeitig im Umfang von 26/26 Unterrichtsstunden weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land hat seinen Abweisungsantrag damit begründet, der sachliche Grund für die befristete Aufstockung der Pflichtstundenzahl sei in der mit der Vereinbarung vom Mai 1998 trotz sinkender Schülerzahlen angestrebten Arbeitsplatzsicherheit für die betroffenen Lehrer zu sehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, für die Befristung fehle der Sachgrund. Einen vorübergehenden Mehrbedarf habe das Land nicht dargelegt. Auf die Vereinbarung vom Mai 1998 könne das Land sich nicht stützen. Dabei handele es sich nicht um einen Tarifvertrag. Die nur abstrakte, nicht arbeitsvertragsbezogene Beschäftigungssicherung als solche stelle keinen Sachgrund für eine Befristung dar.

Gegen dieses am 17.06.2002 zugestellte Urteil hat das beklagte Land mit einem am 10.07.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem am 19.09.2002 innerhalb der rechtzeitig verlängerten Frist eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Es ist der Auffassung, die Aufstockung der Unterrichtsverpflichtungen sei sachgrundlos möglich gewesen. Im übrigen sei wegen der vom Land angestellten schuljahrs- und schulstufenbezogenen Bedarfsprognose der sachliche Grund des vorübergehenden Mehrbedarfs gegeben. Bei der Vereinbarun...

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