Entscheidungsstichwort (Thema)
ABM- Befristung im Zusammenhang mit dem Übergang einer Jugendfreizeiteinrichtung
Leitsatz (amtlich)
1. Mit dem Abschluß eines neuen (befristeten) Arbeitsvertrages stellen die Arbeitsvertragsparteien ihr bisheriges (unbefristetes) Arbeitsverhältnis auf eine neue vertragliche Grundlage. Nur dieser letzte (befristete) Arbeitsvertrag ist für die arbeitsrechtlichen Beziehungen der Parteien maßgebend und ggf. einer Befristungskontrolle zu unterziehen.
2. Eine Befristung ist sachlich gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (AB-Maßnahme) dem Arbeitgeber zugewiesen worden ist und die Dauer der Befristung mit der Zuweisung übereinstimmt.
3. Eine. Befristungsabrede ist nicht schon deshalb unwirksam, weil sie im Zusammenhang mit dem Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils im Sinne von § 613 a BGB vereinbart wird. Der in § 613 a BGB normierte Bestandsschutz geht nicht weiter als der in einem Arbeitsverhältnis ohne Betriebsinhaberwechsel.
Normenkette
BGB §§ 613a, 620
Verfahrensgang
ArbG Eberswalde (Urteil vom 02.06.1993; Aktenzeichen 5 Ca 10/93) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des ArbG Eberswalde vom 2.6.1993 – 5 Ca 10/93 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung und den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin war seit dem 1. August 1971 beim ehemaligen Rat des Kreises … im Haus der Jungen Pioniere beschäftigt, und zwar zunächst als Pionierleiterin, seit 1976 als pädagogische Mitarbeiterin.
Mit einem Formschreiben vom 21. Dezember 1990 wurde der Klägerin wie auch den übrigen Mitarbeiterinnen der Einrichtung durch die Kreisverwaltung mitgeteilt, daß die Einrichtung abgewickelt werde und das Arbeitsverhältnis ab 1. Januar 1991 ruhe bis zur Beendigung am 30. Juni 1991. Die Klägerin wurde gleichwohl bis zum 30. Juni 1991 von der Kreis Verwaltung weiterbeschäftigt und vergütet.
Seit 1. Juli 1991 betreibt die beklagte Stadtverwaltung in dem Gebäude eine offene Jugendfreizeiteinrichtung sowie eine Musikschule unter der Bezeichnung „Haus der Freizeit”. Im Hinblick auf die Übernahme beantragte die Beklagte bereits im Februar 1991 beim Arbeitsamt eine AB-Maßnahme für Betreuungspersonal des Hauses der Freizeit. Diese wurde entsprechend dem Antrag unter der ABM-Nr. 374/91 bezogen auf 5 Arbeitkräfte für den Zeitraum vom 18. März 1991 bis zum 17. März 1993 mit dem Bescheid vom 9. März 1991 (Bl. 25 d.A.) bewilligt und später durch Ergänzungsbescheid um die Förderung weiterer dreier Kräfte abgeändert. Die Klägerin wurde mit dem Schreiben des Arbeitsamtes vom 19. März 1991 (Bl. 40 d.A.) für die Zeit vom 19. März 1991 bis zum 17. März 1993 in die Maßnahme eingewiesen.
Am 28. Juni 1991 schlossen die Parteien einen bis zum 17. März 1993 befristeten Arbeitsvertrag als vollbeschäftigte Zeitangestellte mit der Vergütungsgruppe VI b BAT (zuletzt DM 2.369,27 brutto monatlich), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 5 d.A.). Im Oktober 1992 teilte die beklagte Stadtverwaltung der Klägerin mit, daß sie nicht über den 17. März 1993 hinaus weiterbeschäftigt werde. Nachdem das Arbeitsamt … mit dem Schreiben vom 19. März 1993 (Bl. 115 d.A.) mitgeteilt hatte, daß sich der Förderungszeitraum verschiebt auf die Zeit vom 1. April 1991 bis zum 31. März 1993, vereinbarten die Parteien am gleichen Tag eine Änderung zum Arbeitsvertrag (Bl. 116), mit der der Ablauf der Befristung auf den 31. März 1993 festgelegt wurde.
Mit der am 5. Januar 1993 beim Arbeitsgericht Eberswalde eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Befristung des Arbeitsvertrages gewandt und eine Weiterbeschäftigung über den 17. März 1993 hinaus geltend gemacht.
Sie hat das Vorliegen eines sachlichen Grundes bestritten, da sich durch die Bewilligung der AB-Maßnahme an ihrer Arbeitsaufgabe nichts geändert habe. Im übrigen hat sie die Auffassung vertreten, das mit der Kreisverwaltung begründete Arbeitsverhältnis sei auf die Beklagte übergegangen und habe neben dem ABM-Vertrag unbefristet fortbestanden.
Unter Verzicht auf die weitere Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Eberswalde – 5 Ca 10/93 – vom 2. Juni 1993 verwiesen (Bl. 66 bis 68 d.A.).
Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage mit dem Feststellungsantrag stattgegeben; der Weiterbeschäftigungsantrag wurde nicht beschieden. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Befristung sei wegen Umgehung des besonderen Kündigungsschutzes des § 613 a BGB unwirksam; auf das Vorliegen eines sachlichen Grundes komme es nicht an. § 613 a Abs. 1 BGB verbiete es dem neuen Inhaber neue befristete oder unbefristete Verträge abzuschließen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 68 bis 73 d.A.) Bezug genomm...