Verfahrensgang

ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 23.09.1993; Aktenzeichen 5 (7) Ca 942/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.08.1995; Aktenzeichen 6 AZR 1047/94)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil das Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. September 1993 – 5 (7) Ca 942/93 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf eine tarifliche Abfindung bzw. dessen Verfall.

Die Klägerin war seit dem 16. März 1959 als Küchenhilfe bei der ehemaligen Nationalen Volksarmee tätig und wurde von der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 4. November 1991 weiterbeschäftigt gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt … DM.

Am 25. Mai 1992 schlössen die Parteien einen Auflösungsvertrag zum 30. Juni 1992 aus strukturellen Gründen.

Mit dem am 11. Februar 1993 bei der Standortverwaltung … eingegangenen Schreiben vom 26. Januar 1993 machte die tarifgebundene Klägerin erstmals eine Abfindung „laut Tarifvertag” geltend. Diese teilte ihr mit dem Schreiben vom 12. Februar 1993, auf das Bezug genommen wird (Fotokope Bl. 5 d.A.) mit, daß ein Anspruch auf Abfindung nach dem Tarifvertrag zur sozialen Absicherung vom 6. Juli 1992 gemäß § 70 BAT-O verfallen sei.

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer vor dem Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage vorgetragen, der Abfindungsanspruch falle nicht unter die Ausschlußklausel des § 72 MTArb-O; im übrigen sei die Berufung auf die Ausschlußfrist rechtsmißbräuchlich, weil die tariflichen Vereinbarungen zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erst relativ spät ausgehandelt worden und im übrigen erst Mitte August den Parteien tatsächlich zugänglich gewesen seien.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.000,– DM zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage mit dem am 23. September 1993 verkündeten Urteil abgewiesen und zur Begründung, wegen deren Einzelheiten auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (Bl. 18 bis 20 d.A.) im wesentlichen ausgeführt, die – auch auf Abfindungsansprüche anwendbare – Ausschlußfrist des § 72 MTArb-O habe spätestens am 6. Juli 1992 zu laufen begonnen und hätte von der Klägerin auch eingehalten werden können, wenn der Inhalt des Tarifvertrages erst im August oder September 1992 bekannt geworden sei; ein Rechtsmißbrauch seitens der Beklagten sei nicht ersichtlich.

Gegen dieses ihr am 26. Oktober 1993 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. November 1993 Berufung eingelegt und diese mit dem am 8. Dezember 1993 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 1. Dezember 1993 begründet.

Sie trägt vor:

Die Ausschlußklausel erfasse nur Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und nicht solche, die erst nach dessen Beendigung entstehen. Entstanden sei der Abfindungsanspruch durch Unterzeichnung des Sozialtarifvertrages vom 6. Juli 1992, die nicht im Juli 1992 erfolgt sei (Beweis: Zeugnis des Gewerkschaftssekretärs …). Maßgeblich sei der Eingang des von der Arbeitgeberseite unterzeichneten Exemplars bei der ÖTV, das mit dem Schreiben vom 25. Mai 1993 (Bl. 56 f. d. A.) übersandt wurde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. September 1993 – 5 (7) Ca 942/93 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.000,– DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor:

Die Berufung der Klägerin auf die fehlende Unterzeichnung des Sozialtarifvertrages am 6. Juli 1992 sei rechtsmißbräuchlich, da die Tarifvertragsparteien nach Abschluß der Verhandlungen ab diesem Tag von der Rechtsverbindlichkeit des Sozialtarifvertrages ausgegangen seien, wie auch die Bekanntgabe in der Juli/August-Ausgabe des ÖTV-Magazins zeige. Wie sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 20. April 1994 (Bl. 72 d.A.) ergebe, sei der genaue Zeitpunkt der Unterzeichnung nicht feststellbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO.

2. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Abfindung nach dem Tarifvertrag zur sozialen Absicherung vom 6. Juli 1992 ist gemäß § 72 des aufgrund beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrages zur Anpassung des Tarifrechts für Arbeiter an den MTB II und den MTL II (MTArb-O) vom 10. Dezember 1990 verfallen.

2.1 Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Anwendung dieser Vorschrift auf Ansprüche aus dem TV soziale Absicherung nicht ausgeschlossen.

Die Ausschlußfrist in § 72 MTArb-O ist wie folg...

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