Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch wegen einer in der ehemaligen DDR erlittenen Berufskrankheit
Leitsatz (amtlich)
Die materielle Schadensersatzpflicht eines Betriebes in der ehemaligen DDR nach § 267, 268 AGB-DDR endete zum 31.12.1990. Die Rechtsfolgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit richten sich seit diesem Zeitpunkt nach den gesetzlichen Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt selbst dann, wenn sich der Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit vor dem 31.12.1990 entwickelt haben.
Normenkette
AGB-DDR §§ 222, 267-268; Einigungsvertrag Anlage II Kap. VIII Sachgeb. A Abschn. II Buchst. 1g
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 21.12.1994; Aktenzeichen 2 (1) Ca 316/90) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts vom 21.12.1994 – 2 (1) Ca 316/90 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche nach § 267 AGB-DDR infolge einer Berufskrankheit des Klägers.
Der am … 961 geborene Kläger war vom 01.12.1987 bis zum 10.09.1990 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger als Tierarzt beschäftigt. Der Einsatz erstreckte sich auf tierärztliche Massentätigkeiten in einer Rinderanlage sowie in mehreren kleineren Rinderställen.
Seit November 1988 litt der Kläger an einer Hauterkrankung. In einer Stellungnahme der Arbeitshygieneinspektion des Rates des Bezirkes … an den FDGB-Kreisvorstand – Verwaltung der Sozialversicherung – in … vom 15.08.1989 wurde unter der Diagnose „Exogen provoziertes aropisches Ekzem” (im folgenden: Rinderallergie) die Voraussetzung für eine Anerkennung einer Berufskrankheit nach Ziffer 80 der Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten vom 26.02.1981 festgestellt und ein Körperschaden von unter 20 Prozent bescheinigt. Die arbeitsmedizinische Stellungnahme lautete:
„Wahrscheinlich arbeitsbedingte Hauterkrankung durch den Schadstoff Rinderstallstäube…”
Im übrigen wird auf Blatt 16 d. A. Bezug genommen. Gemäß Bescheid des FDGB-Kreisvorstandes … vom 23.11.1989 erhielt der Kläger für die Zeit vom 01.01.1989 bis 31.12.1990 eine Übergangsrente in Höhe von monatlich DM 160,00. Auf Blatt 80 d. A. wird Bezug genommen.
Das Institut für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin des Landes … schloß sich der Diagnose der Arbeitshygieneinspektion an und bescheinigte dem Kläger unter dem 24.12.1991 einen Körperschaden von unter 20 Prozent sowie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 Prozent. Auf Blatt 50 d. A. wird insoweit Bezug genommen.
Mit der am 03.09.1990 bei dem Kreisgericht … eingegangenen Klage sowie den Klageerweiterungen vom 03. und 20.12.1990, welche der Beklagten am 11.01.1991 zugestellt wurden, begehrt der Kläger Schadenersatz gemäß § 267 f. AGB-DDR.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14.12.1992 der Deutschen Versicherungs-Aktiengesellschaft … den Streit verkündet; die Streitverkündete ist dem Rechtsstreit am 27.01.1993 auf Seiten der Beklagten beigetreten.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei in Anwendung des § 267 AGB-DDR im vollen Umfang zum Ersatz des ihm durch die Berufskrankheit entstandenen Schadens verpflichtet. Da das schadensbegründende Ereignis – die Erkrankung des Klägers – vor dem 31.12.1990 eingetreten sei, sei die Beklagte in Anwendung des § 267 AGB auch zum Ersatz der nach dem 01.01.1991 eintretenden Schäden verpflichtet.
Nach einem Teilvergleich über die Ansprüche für den Zeitraum bis zum 31.12.1990 hat der Kläger zuletzt noch beantragt,
die Beklagte zum Schadenersatz für den Körperschaden des Klägers dem Grunde nach ab dem 01.01.1991 zu verurteilen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die nach dem 01.01.1991 entstandenen Schäden seien gegenüber der Berufsgenossenschaft geltend zu machen. Ein Anspruch nach § 267 AGB-DDR stehe dem Kläger im übrigen bereits deshalb nicht zu, da es an einer förmlichen Anerkennung der Berufskrankheit durch die Betriebsgewerkschaftsleitung bzw. die Verwaltung der Sozialversicherung beim Kreisvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes nach § 222 AGB-DDR fehle.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit am 21.12.1994 verkündetem Urteil abgewiesen. Zur Begründung, wegen deren Einzelheiten auf die Entscheidungsgründe (Blatt 195–198 d. A.) verwiesen wird, hat es im wesentlichen ausgeführt, daß § 267 AGB-DDR nach Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet A Abschnitt III Buchstabe 1 g zum Einigungsvertrag nach dem 31.12.1990 nicht mehr zur Anwendung komme und der Kläger auf der Grundlage dieser Vorschriften Ansprüche für die Zeit ab dem 01.01.1991 nicht geltend machen könne.
Gegen dieses ihm am 20.01.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.02.1995 Berufung eingelegt und diese mit am 03.03.1995 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Er hält an seiner Rechtsauffassung fest, die Beklagte sei auch zum Ersatz der nach dem 01.01.1991 eingetretenen S...