Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche tarifliche Unkündbarkeit. Betriebsübergang

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine außerordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung gegenüber tariflich unkündbaren Arbeitnehmern ist jedenfalls dann i.d.R. unzulässig, wenn die zeitlich befristete Unkündbarkeit in einem Sanierungsvertrag von einen Einkommensverzicht der Arbeitnehmer abhängt.

2. Für die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerspruchsrechts i.S.v. § 613a BGB ist die sich auf den Betriebsübergang berufende Partei darlegungs- und beweispflichtig. Allein die Tatsache, dass die Mehrheit der vom Betriebsübergang Betroffenen einen Widerspruch erklärt hat, reicht hierfür nicht aus.

 

Normenkette

TVG § 1; BGB §§ 626, 613a Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Urteil vom 20.11.2002; Aktenzeichen 7 Ca 1645/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.09.2004; Aktenzeichen 8 AZR 565/03)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom20.11.2002 – 7 Ca 1645/02 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten ob das Arbeitsverhältnis mit der Streitverkündeten weiterbesteht und über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung mit einer der Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist nachdem die Klägerin einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Streitverkündete widersprochen hatte.

Die Beklagte betreibt einem Unternehmen des Zeitungs- und Verlagswesens mit regelmäßig ca. 330 Mitarbeitern. Die 1958 geborene Klägerin ist verheiratet und 2 Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Die Beklagte hat ihre Betriebszugehörigkeit seit dem 01.09.1975 anerkannt. Zuletzt war die Klägerin als Mitarbeiterin im Bereich Scanpool mit 35 Wochenstunden bei einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt in Höhe von EUR 3.029,92 beschäftigt. Die Aufgaben der Klägerin war die Digitalisierung und Bearbeitung analoger Bildvorlagen. Die Zuordnung des Bereiches Scanpool im Organisationsgefüge der Beklagten ist zwischen den Parteien umstritten. Unstreitig werden dort von der Klägerin und einer weiteren Mitarbeiterin Digitalisierungen und Bildbearbeitungen gefertigt, die sowohl für den Anzeigenbereich als auch für den redaktionellen Teil der Tageszeitung verwendet werden. Die Beklagte hatte den Bereich Anzeigenproduktion in zwei Teilbereiche untergliedert. In dem Bereich lr-Creativ wurden aufwändige Anzeigen gestaltet und für die Redaktion der Lxxxxxxxx Rundschau und für Fremdaufträge aufwändige Grafiken, Bildmontagen, Diagramme und Satzvorlagen hergestellt. Der Bereich DTP/ISDN der Anzeigenproduktion erstellte nicht standardisierbare Anzeigen und war auch für redaktionelle Zuarbeit zuständig. Wegen der Aufgaben im Einzelnen wird auf Blatt 233 – 236 der Akten verwiesen.

Unter dem Datum des 12.09.2000 vereinbarten die Beklagte, der Deutsche Journalistenverband, Landesverband Brandenburg und die IG Medien Berlin- Brandenburg einen Haustarifvertrag zur Beschäftigungssicherung. Gem. § 2 des Haustarifvertrages war vereinbart, dass abweichend von den für die Beklagte geltenden bzw. fortgeltenden Tarifverträgen, die Tarifgehälter der Beschäftigten der Beklagten geringer erhöht werden als es der einschlägige Flächentarifvertrag vorsah. Gem. § 3 des Haustarifvertrages waren während dessen Laufzeit betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. § 5 des Haustarifvertrages sah eine ab 01.05.2003 eine Übergangsregelung hinsichtlich der Anpassung des Gehhaltsniveaus an die Flächentarifverträge vor, während dessen ebenso betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen waren. Der Haustarifvertrag trat mit Wirkung vom 12. September 2000 in Kraft und galt bis zum 30. April 2003.

Wegen einer sich weiter verschlechternder Marktsituation, verbunden mit einem Rückgang der Erlössituation im Anzeigenverkauf entschloss sich die Beklagte für den Bereich der Anzeigenproduktion gemeinsam mit einem in diesem Bereich spezialisierten Unternehmen die Firma Medienservice Cxxxxxx GmbH (im Weiteren MSC) zu gründen und den Bereich DTP/ISDN auf diese Gesellschaft zu übertragen. Darin sah die Beklagte die Möglichkeit zu besseren Bedingungen am Markt tätig werden zu können und das aufgrund der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung immer geringer werdende Arbeitsvolumen in diesem Bereich auch durch andere Tarifstrukturen ausgleichen zu können.

Am 02.04.2002 informierte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat, dass beabsichtigt sei, die Mitarbeiter des Bereichs DTP/ISDN im Rahmen eines Teilbetriebsübehrgangs auf einen anderen Arbeitgeber zu überführen. Am 08.04.2002 erläuterte die Geschäftsleitung der Beklagten den Mitarbeitern das Ausgründungskonzept und stellte die Fa. Digitex als weiteren Gesellschafter des zu gründenden Unternehmens vor. Weiter übergab die Beklagte den Arbeitnehmern ein Schreiben vom 08.04.2002 mit dem sie schriftlich über den geplanten Betriebsübergang informierte. Auf d...

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