Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung von Arbeitsbedingungen. Vertragsklausel. Erhöhung der Stundenzahl bei Lehrkräften
Leitsatz (redaktionell)
1. Die vorübergehende (befristete) Erhöhung der Stundenzahl von Lehrkräften über 24/28 der Pflichtstundenzahl hinaus um ca 1/4 des Stundenkontingents durch formularartige Vereinbarung, ist mit der zur Befristung von Arbeitsverträgen entwickelten Rechtsprechung unvereinbar.
2. Gesetzliche Regelungen i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB umfassen auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze und die Regeln des Richterrechts.
3. Die Rechtsprechung zur Befristung von Bedingungen eines Arbeitsvertrags stellt ein richterrechtliches Leitbild dar. Es entspricht einem anerkannten Gerechtigkeitsgebot und wesentlichen Grundgedanken aus Art. 12 Abs. 1 GG und § 2 KSchG, wovon daher nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in allgemeinen Arbeitsbedingungen nicht wirksam abgewichen werden kann.
Normenkette
BGB §§ 305, 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, §§ 306, 310 Abs. 4; KSchG § 2; EGBGB Art. 229 § 5
Verfahrensgang
ArbG Brandenburg (Urteil vom 17.10.2003; Aktenzeichen 1 Ca 652/03) |
Tenor
1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das am 17.10.2003 verkündete Urteil des ArbG Brandenburg – 1 Ca 652/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist seit 1991 bei dem beklagten Land als Lehrkraft beschäftigt. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer befristeten Arbeitszeiterhöhung.
Im Mai 1998 schloss das beklagte Land mit einer Gewerkschaft und verschiedenen Lehrerverbänden eine „Vereinbarung zur Arbeitsplatzsicherheit und Qualitätssicherung in der Schule Brandenburgs” ab. Sie sieht unter anderem vor, dass Lehrer unbefristet mit zwei Dritteln der Pflichtstundenzahl eines Vollbeschäftigten arbeiten und je nach dem vom Land ermittelten Bedarf eine jährliche befristete Aufstockung der Pflichtstundenzahl erfolgt. Das beklagte Land berechnete in der Folgezeit jeweils schuljahres- und schulstufenbezogen den Lehrerbedarf für das ganze Land und bot den teilzeitbeschäftigten Lehrkräften jeweils auf ein Schuljahr befristete Aufstockungen der Pflichtstundenzahl an.
Im März 1999 vereinbarten die Parteien die unbefristete Teilzeitbeschäftigung der Klägerin im Umfang von zwei Dritteln der regelmäßigen Arbeitszeit. Zugleich verpflichtete sich das beklagte Land den unbefristeten Beschäftigungsumfang schuljahrsbezogen nach Bedarf zu erhöhen und der Klägerin jeweils ein Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages zu unterbreiten. Auf dieser Grundlage schlossen die Parteien in den Folgejahren Verträge ab, mit denen das Stundenkontingent der Klägerin befristet erhöht wurde. Zuletzt vereinbarten sie mit Vertrag vom 21. Februar 2003 für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Juli 2003 eine Vollzeitbeschäftigung der Klägerin mit wöchentlich durchschnittlich 28/28 Pflichtstunden.
Am 1. August 2004 tritt der „Tarifvertrag zur Umsetzung des Tarifvertrages zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen für Lehrkräfte an Schulen des Landes Brandenburg” vom Februar 2004 in Kraft. Er sieht u.a. vor, dass „die besondere regelmäßige Arbeitszeit für das Schuljahr 2004/2005…93 vom Hundert der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Lehrkraft” beträgt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung der Arbeitszeiterhöhung geltend gemacht und beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin über den 31.7.2003 hinaus unbefristet als Lehrkraft im Schuldienst mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 28/28 Pflichtstunden weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat seinen Abweisungsantrag u.a. damit begründet, der sachliche Grund für die Befristung sei in der mit der Vereinbarung vom Mai 1998 trotz sinkender Schülerzahl angestrebten Arbeitsplatzsicherheit für die betroffenen Lehrer und in einem vorübergehenden Mehrbedarf zu sehen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, das beklagte Land habe einen Befristungsgrund nicht vorgetragen. Die für eine Befristung wegen vorübergehenden Mehrbedarfs erforderliche Prognose habe es schon nach eigenem Vortrag nicht angestellt.
Gegen dieses am 28. Januar 2004 zugestellte Urteil hat das beklagte Land mit einem am 25. Februar 2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die es nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. April 2004 mit einem am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Es ist der Auffassung, nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes könne sich die Klägerin nicht mehr auf eine Inhaltskontrolle des zuletzt abgeschlossenen Vertrages berufen, weil es sich um eine Individualabrede handele. Jedenfalls benachteilige die Vereinbarung die Klägerin nicht unangemessen. Bei der „Vereinbarung zur Arbeitsplatzsicherheit und Qualitätssicherung in der Schule Brandenburgs” vom Mai 1998 handele es sich um einen Tarifvertrag, so d...