Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. Drittmittelfinanzierung

 

Leitsatz (redaktionell)

Voraussetzung für die sachliche Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für eine Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers über das vorgesehene Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht. Der hierüber zu erstellenden Prognose, deren tatsächliche Grundlagen der Arbeitgeber im Prozess darzulegen hat, müssen konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen. Die Befristung kann daher nicht allein darauf gestützt werden, dass für ein Forschungsprojekt ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften bestehe und die zukünftige Finanzierbarkeit der Stellen durch Drittmittel unsicher sei.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 620

 

Verfahrensgang

ArbG Eberswalde (Urteil vom 13.09.2002; Aktenzeichen 5 Ca 665/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.04.2004; Aktenzeichen 7 AZR 441/03)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom13.09.2002 – 5 Ca 665/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Befristung zweier Arbeitsverträge, die parallel abgeschlossen wurden und jeweils mit 50 % der Vollarbeitszeit auf zwei drittmittelfinanzierte Projekte Bezug nehmen.

Die Klägerin war seit 16.06.1994 als Angestellte bei der Forstlichen Forschungsanstalt Exxxxxxxxx e.V., aus der die Landesforstanstalt Exxxxxxxxx (LFE) hervorging, als Wissenschaftlerin in der Vergütungsgruppe II a BAT-O mit einer Vergütung von zuletzt 3.119,00 Euro beschäftigt aufgrund mehrerer befristeter Verträge. Die beiden letzten Verträge datieren vom 07.08.2000 und enthalten eine Befristung zum 31.05.2002 – Drittmittelprojekt „Prüfung von Methoden zur Feststellung von Vitalitätseinbußen bei Fichten und Kiefern” – bzw. zum 31.07.2002 – Drittmittelprojekt „Zukunftsorientierte Waldwirtschaft”. In allen Projekten bestand die Tätigkeit der Klägerin in der Anwendung biochemischer Diagnostikmethoden zur Bestimmung von Kiefern- bzw. Nadelinhaltsstoffen.

Mit ihrer am 06.05.2002 beim Arbeitsgericht Eberswalde eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristungen geltend gemacht.

Das Arbeitsgericht hat durch das am 17.10.2002 verkündete Urteil, auf dessen Tatbestand zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (Bl. 74 bis 77 d.A.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Befristungen vom 07.08.2000 nicht beendet worden ist, sondern unbefristet fortbesteht. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Drittmittel seien nicht für bestimmte Arbeitsplätze, sondern für die beiden Projekte zur Verfügung gestellt worden; die Unsicherheit, ob nach Ablauf dieser Projekte weitere Drittmittel eingeworben werden könnten, rechtfertige die Befristung nicht.

Gegen dieses ihm am 22.10.2002 zugestellte Urteil hat das Beklagte Land mit dem am 20.11.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 23.12.2003 begründet:

Es trägt vor: Das LFE sei nach den Bescheiden der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) nicht frei in der Verwendung der Mittel gewesen. Dies gelte insbesondere auch für die Personalkosten, da in den Finanzierungsplänen die Wissenschaftlerstellen angegeben seien.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 13.09.2002 – 5 Ca 665/02 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung mit Rechtsausführungen, beruft sich darauf, dass das Arbeitsverhältnis nach § 4 Abs. 1 UA 2 Satz 2 BAT-O als einheitliches anzusehen sei, so dass unterschiedliche Befristungszeitpunkte unzulässig seien, und rügt die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrates.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Streitgegenstand gemäß § 64 Abs. 2 lit. c) ArbGG zulässige Berufung des beklagten Landes ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO.

2. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Befristung der Arbeitsverträge vom 07.08.2000 ist unwirksam, so dass das Arbeitsverhältnis über das Fristende fortbesteht.

Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil unter Bezugnahme auf Entscheidungsgründe (Bl. 74 bis 80 d.A.) an. Lediglich im Hinblick auf das Beklagtenvorbringen in der Berufungsinstanz wird Folgendes ergänzend angemerkt:

2.1 Es kann dahingestellt bleiben, ob die beiden Arbeitsverträge mit jeweils 20 Stunden Wochenarbeitszei...

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