Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Eingliederung in eine fremde Betriebsorganisation
Leitsatz (redaktionell)
Typischerweise liegt eine Eingliederung vor, wenn der Arbeitnehmer zur Durchführung der ihm obliegenden Aufgaben mit den im Betrieb tätigen Arbeitnehmern regelmäßig zusammenarbeiten muss. Maßgebend ist stets, ob der Arbeitnehmer tatsächlich in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert wird.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Entscheidung vom 17.01.2023; Aktenzeichen 2 BV 201/22) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 17.01.2023 - 2 BV 201/22 - wird zurückgewiesen.
2. Nach teilweiser Erledigung wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen Bremerhaven vom 17.01.2023 - 2 BV 201/22 - hinsichtlich des Tenors zu 1. zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die Einstellung von Herrn D. H., der Frau Q. L., des Herrn P. S., des Herrn V. Z. aufzuheben, solange die Zustimmung des Betriebsrats nicht erteilt wurde oder gerichtlich ersetzt wurde.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung mehrerer personeller Maßnahmen.
Der Beteiligte zu 1. ist der bei der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin (nachfolgend: Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat (nachfolgend: Betriebsrat). An dem Standort in Bremen sind insgesamt ca. 510 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen nicht alle ihren fachlichen Vorgesetzten am Standort in Bremen haben. Die Arbeitgeberin ist Teil einer Konzernstruktur, deren Mutter ihren Sitz in den USA hat und sich mit der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Massenspektrometern beschäftigt. Der Konzern beschäftigt in Deutschland etwa 5.000 Arbeitnehmer an ca. 20 Standorten, die jeweils als eigenständige Unternehmen geführt werden.
Neben der klassischen Organisation, die sich am jeweiligen Rechtsträger orientiert, existieren im globalen Konzern unternehmensübergreifende Organisationsstrukturen, die sich an Produktsparten, geordnet nach Gruppen, Divisionen und Business Units, und daneben an Funktionen orientieren. Einzelne Arbeitnehmer könne so mehrere Vorgesetzte haben, die teilweise bei einem anderen konzernangehörigen Unternehmen beschäftigt sind. Einzelne Vorgesetzte können wiederum auch gegenüber Arbeitnehmern anderer konzernangehöriger Unternehmen mit Weisungsbefugnissen ausgestattet sein.
Herr D. H. ist als Senior Manager Market Development & Marketing bei der T. E. Ltd. am Standort Hemel-Hemphstead in der Nähe von London tätig. Er ist der fachliche Vorgesetzte der an dem Standort in Bremen tätigen Beschäftigten K. P und M. T. sowie der in England tätigen J. R. . Herr H. war dem leitenden Angestellten Herrn C. C. fachlich und disziplinarisch untergeordnet, der jedenfalls vom 24.08.2020 bis 30.11.2022 aufgrund eines "International Assignment Agreements" dem Standort Bremen zugeordnet und auch dort tätig war. Zwischen der Arbeitgeberin und Herrn C. wurde jedoch kein Arbeitsvertrag geschlossen. Allerdings unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 23.09.2020 und 27.10.2020 über die damals beabsichtigte Einstellung von Herrn C. gemäß § 105 BetrVG. Mittlerweile ist Herr H. dem Vorgesetzten Herrn C. unterstellt, der zunächst Mitarbeiter eines Konzernunternehmens in West Palm Beach war und seit dem 01.01.2024 in einem Arbeitsverhältnis zur Arbeitgeberin in Bremen steht. Herr H. genehmigt u.a. die Reisekostenabrechnung der ihm unterstellten Bremer Beschäftigten T. und P. .
Herr P. S. ist als Senior Manager Product Marketing bei der A. I. G. am Standort Hemel-Hemphstead in England tätig. Ihm ist fachlich u.a. der in Bremen beschäftigte D. K. untergeordnet. Herr S. war zunächst einem der Geschäftsführer der Arbeitgeberin, Herrn F. M., fachlich und disziplinarisch untergeordnet. Nunmehr unterliegt Herr S. dem fachlichen und disziplinarischen Weisungsrecht von Herrn A. G. . Herr G. soll zu einem weiteren Geschäftsführer der Arbeitgeberin bestellt werden.
Herr V. Z. ist als Director Product Management bei der T. F. LLC am Standort San Jose, California, in den USA tätig. Ihm ist fachlich u.a. der in Bremen beschäftigte N. E. D. untergeordnet. Herr Z. ist seinerseits fachlich und disziplinarisch Herrn J. Y. untergeordnet, der ebenfalls in San Jose beschäftigt ist.
Bei den drei vorbenannten Managern handelt es sich um sog. "Matrixmanager", die nicht über einen Arbeitsvertrag mit der Arbeitgeberin verfügen. Sie führen mit den ihnen am Bremer Standort unterstellten Beschäftigten u.a. die sogenannten PMD- Zielvereinbarungsgespräche (Performance Management Development), die durch eine örtliche Betriebsvereinbarung am Standort in Bremen geregelt sind. Von dieser Leistungsbeurteilung hängt bei den AT-Mitarbeitern die Höhe der leistungsbezogenen Vergütung sowie die Höhe der Entgelterhöhung für das Folgejahr ab. Ebenso sind die Urlaubsanträge mit den jeweiligen Matrixmanag...