Leitsatz (amtlich)
1. Bei Rechtsstreitigkeiten über eine Änderung der Arbeitsbedingungen (Änderungsschutzklagen gemäss § 2 KSchG), die mit einer Gehaltseinbusse verbunden sind, ergibt sich der Streitwert aus § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG und nicht aus § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG, wenn der Arbeitnehmer die Änderung der Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt akzeptiert hat.
2. Allerdings ist, um keine unüberbrückbaren Wertungswidersprüche entstehen zu lassen, der Streitwert auf höchstens drei Monatsgehälter entsprechend dem Rechtsgedanken des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG festzusetzen.
Verfahrensgang
ArbG Bremen (Beschluss vom 23.12.1986; Aktenzeichen 7 Ca 7156/86) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 23.12.1986 – 7 Ca 7156/86 – wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Der Wert für die Berechnung der arbeitsgerichtlichen Gebühr wird auf DM 3.467,27 festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien haben über die soziale Rechtfertigung einer dem Kläger von der Beklagten ausgesprochenen Änderungskündigung einen Rechtsstreit geführt.
Dem Kläger war seine Tätigkeit als Geldzähler wegen der Beklagten nicht gemeldeter privater Schulden in Höhe von ca. eine Million DM entzogen worden. Ihm war angeboten worden, eine Tätigkeit in der Poststelle zu übernehmen. Dies bedeutete eine Rückstufung von Verg. Gr. VII in die Verg. Gr. IX b mit einer monatlichen Gehaltseinbusse von ca. DM 450,–. Der Personalrat ist sowohl zur Änderungskündigung als auch zur Versetzung des Klägers angehört worden und hat beiden Massnahmen zugestimmt. Der Kläger hat die Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen.
Das Arbeitsgericht hatte im erstinstanzlichen Urteil den Streitwert auf DM 16.200,– festgesetzt (36fache Gehaltsdifferenz).
Der Kläger hat daraufhin beantragt,
den Kostenstreitwert gemäss § 25 Abs. 1 GKG auf DM 1.350,– festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat den Wert gemäss § 25 GKG auf DM 9.300,– festgesetzt (dreifaches Monatseinkommen des Klägers vor der Änderungskündigung). Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
1) a) In Literatur und Rechtsprechung herrscht Streit über die streitwertmässige Bewertung eines Rechtsstreits nach § 2 KSchG, sofern der Arbeitnehmer die Änderung der Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt angenommen hat.
Einige Gerichte und Autoren nehmen an, dass der Wert analog § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG nach der wertmässigen Differenz der bisherigen und der neuen Vertragsbedingungen zu berechnen ist (vgl. die Nachweise bei Philippsen-Dörner, NZA 87 S. 133 unter III.).
Zum Teil wird „aus Praktikabilitätsgründen” auf zwei Monatsgehälter (LAG Düsseldorf, EzA § 12 ArbGG Streitwert Nr. 37), zum Teil auf ein Monatsgehalt aus den gleichen Gründen (vgl. LAG Frankfurt, NZA 86 S. 35) als Streitwert für eine Änderungsschutzklage erkannt.
Andere Landesarbeitsgerichte bewerten nach Lage des Einzelfalls das wirtschaftliche Interesse des Klägers, das sich auch nach Gesichtspunkten des Prestiges sowie der Rehabilitation bestimmen kann, und eine angemessene Erhöhung des Betrages der vierteljährlichen Verdienstdifferenz gebieten soll (vgl. LAG Hamm, MDR 82 S. 976).
Schliesslich wird der Wert einer Änderungskündigung nach § 12 Abs. 7 S. 2 mit dem 36fachen Wert der monatlichen Differenz der Bezüge bemessen, allerdings mit der Massgabe, dass dann, wenn der Wert, der sich danach ergibt, höher ist als der nach § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG, dieser gilt (LAG Köln, EzA § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 13; LAG München, EzA § 12 ArbGG Streitwert Nr. 28; vgl. zum Meinungsstand auch Rohlfing-Rewolle, § 12 ArbGG VI a).
b) aa) Das Landesarbeitsgericht Bremen schliesst sich der letzteren Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Köln (a.a.O.) und des Landesarbeitsgerichts München (a.a.O.) an. Dafür sind folgende Gesichtspunkte massgebend:
§ 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG ist eine Sondervorschrift, die das bei Bestandsstreitigkeiten gem. § 3 ZPO auszuübende Ermessen der Gerichte nach obenhin beschränkt. Das gleiche gilt für § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG.
Diese arbeitsgerichtlichen Sondervorschriften sind deshalb eingeführt worden, um das Kostenrisiko für Arbeitnehmer zu beschränken. Der Gesetzgeber hat aber eine unterschiedliche Wertung für die Fälle getroffen, in denen ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz gänzlich verloren hat, und die Fälle, in denen der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz behalten hat, allerdings der Ansicht ist, eine „wiederkehrende Leistung” sei ihm zu Unrecht entzogen worden oder er sei falsch eingruppiert worden. Im letzteren Fall hat der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz behalten, er erhält also monatlich Gehalt/Lohn und ist deshalb kostenmässig nicht so schutzwürdig wie der Arbeitnehmer, der um den Erhalt seines Arbeitsplatzes kämpfen muss und während dieser Zeit in der Regel kein festes Arbeitseinkommen hat, zumindest nicht während des erstinstanzlichen Verfahrens. Die Leistungen der öffentlichen Hand (Sozialamt, Bundesanstalt für Arbeit) sin...