Verfahrensgang
ArbG Bremen (Beschluss vom 30.03.1995; Aktenzeichen 6 Ca 6466/94) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bremen vom 30.3.1995 – 6 Ca 6466/94 – wird als unbegründet auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf DM 500,– festgesetzt.
Tatbestand
I.
Mit der am 1. November 1994 eingereichten Klage beantragt die Klägerin, den Beklagten zu verurteilen, eine Arbeitsbescheinigung, die Voraussetzung für Zahlung von Konkursausfallgeld ist, an sie bzw. an das Arbeitsamt herauszugeben.
Der Konkursverwalter hat sich zunächst geweigert, diese Bescheinigung zu erteilen, weil er davon ausgeht, daß zu der Gemeinschuldnerin ein Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht bestanden hat. Er hat gemäß § 141 c AFG widersprochen.
Nach Zwangsgeldandrohung durch das Arbeitsamt hat er inzwischen eine Bescheinigung nach § 141 h AFG – allerdings unvollständig – ausgefüllt und dem Arbeitsamt übersandt.
Das Arbeitsamt hat der Klägerin im laufenden Verfahren unter dem 28. Februar 1995 daraufhin folgendes mitgeteilt:
„…
aufgrund meines Schreibens vom 30.01.95 hat Herr … mit Schreiben vom 03.02.95 mir eine Verdienstbescheinigung zugesandt.
Wie Sie der beigefügten Kopie der Verdienstbescheinigung entnehmen können, hat Herr … die Frage 9 der Verdienstbescheinigung allerdings nicht beantwortet. Dem ebenfalls in Form einer Kopie beigefügten Schreiben vom 03.02.95 entnehme ich, daß sich Herr … nach wie vor auf das Leistungsverweigerungsrecht nach der Konkursordnung beruft. Um über Ihren Widerspruch entscheiden zu können, bin ich nach wie vor auf eine Entscheidung des Arbeitsgerichtes, inwieweit sich Herr … zu Recht bzw. zu Unrecht auf das Leistungsverweigerungsrecht nach § 41 Konkursordnung beruft, angewiesen.”
In der mündlichen Verhandlung vom 30.3.1995 hat der Beklagte bezüglich der Klage auf Herausgabe einer Arbeitsbescheinigung die Rüge der sachlichen Unzuständigkeit erhoben.
Das Arbeitsgericht hat daraufhin den folgenden Beschluß erlassen:
„Das Arbeitsgericht Bremen hält sich für sachlich zuständig, weil § 141 f Abs. 1 Nr. 2 AFG dafürspricht, daß die Klägerin einen direkten Anspruch gegen den Beklagten auf Erteilung der Bescheinigung hat und außerdem ein Anspruch aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag abzuleiten ist.”
Dieser Beschluß wurde dem Konkursverwalter am 5. April 1995 zugestellt. Mit einem am 18. April 1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz legte er sofortige Beschwerde ein.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch darauf hat, daß ihr eine vollständig ausgefüllte Arbeitsbescheinigung nach § 141 h AFG herausgegeben wird.
2. Nach § 2 Abs. 1 Ziff. 3 e ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Arbeitspapiere.
a) Arbeitspapiere in diesem Sinne sind sämtliche Papiere und Bescheinigungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ggf. zu erteilen hat. Es fallen darunter auch solche Bescheinigungen, die Voraussetzung sind, um Leistungen nach dem AFG zu erhalten.
In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es nämlich anerkannt, daß öffentlich-rechtliche Bestimmungen zugleich auch verpflichtende Wirkung für die privatrechtlichen Beziehungen der Parteien des Arbeitsverhältnisses haben können. Öffentlich-rechtliche Vorschriften können zugleich Schutzvorschriften zugunsten der Arbeitnehmer sein. Sie konkretisieren die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Dies gilt gerade auch für die Verpflichtung zur Ausfüllung und Herausgabe von Bescheinigungen, die der Erlangung sozialrechtlicher Leistungen dienen. Das Rechtsverhältnis, aus dem der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsbescheinigung herleitet, wird von den Rechtssätzen des Arbeitsrechts geprägt und ist demnach bürgerlich-rechtlich (vgl. BAG, AP Nr. 21 zu § 2 ArbGG 1979).
b) Erteilung bedeutet in aller Regel, die vollständige Beantwortung aller Fragen des amtlichen Formblatts (vgl. BAG a.a.O., Bürger/AR-Blattei D Arbeitsbescheinigung, Anm. zu Entscheidung 2).
Von den Rechtsstreitigkeiten um die Erteilung einer Arbeitsbescheinigung sind zu unterscheiden alle Rechtsstreitigkeiten, in denen es um den zutreffenden Inhalt der Arbeitsbescheinigung geht, insbesondere also Klagen auf Berichtigung. Diese sind von den Rechtssätzen des Sozialrechts geprägt und daher von dem Sozialgericht zu entscheiden (vgl. BAG a.a.O.).
c) Das Arbeitsamt hat der Klägerin gegenüber die Auffassung vertreten, die vom Konkursverwalter erteilte Bescheinigung erfülle nicht die Voraussetzungen des § 141 h AFG, da sie unvollständig ausgefüllt ist. Der Antrag der Klägerin ist deshalb dahin auszulegen, daß sie eine vollständig ausgefüllte Bescheinigung verlangt.
Dieser Antrag ist bürgerlich-rechtlich, da die Klägerin die Auffassung vertritt, sie selbst habe wegen des zu der Gemeinschuldnerin bestehenden Ar...