Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe auch für einen Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung?
Leitsatz (redaktionell)
Da ein Weiterbeschäftigungsanspruch ohne das Vorliegen besonderer Umstände gegeben ist, wenn das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der streitbefangenen Kündigung festgestellt hat, kann der genannten Rechtsverfolgung – auch im Fall der Stellung eines sog. unechten Hilfsantrags – die hinreichende Erfolgsaussicht nicht versagt werden.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Beschluss vom 25.07.2006; Aktenzeichen 5 Ca 5182/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 25.07.2006 teilweise abgeändert.
Dem Kläger wird auch für den Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen unter Beiordnung von Rechtsanwalt I. B. insoweit gewährt als sich der Weiterbeschäftigungsanspruch
Tatbestand
I.
Der Kläger hat mit der form- und fristgerecht eingereichten Klage gegen – vorsorglich – zwei Beklagte folgende Anträge angekündigt:
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 19. April 2006, zugegangen am 21. April 2006, zum 30. Juni 2006 aufgelöst worden ist;
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30. Juni 2006 hinaus fortbesteht.
Hilfsweise, für den Fall, dass die beklagte Partei im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichts erklärt, dass sie den Kläger weiterbeschäftigen wird, hat er für den Fall des Obsiegens ferner beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Lagerarbeiter entsprechend des sachlichen Tätigkeitsbereiches im Arbeitsvertrag 12./25. April 2000 (Anlage K 1) weiter zu beschäftigen.
In der Güteverhandlung vom 12.06.2006 wurde die Klage gegen die Beklagte zu 2), die Firma R. R. L. GmbH,, H., zurückgenommen und sodann folgender Vergleich geschlossen:
- Das Arbeitsverhältnis wird durch ordentliche, fristgerechte, personenbedingte Kündigung des Arbeitsgebers vom 19.04.2006 mit dem 30.06.2006 beendet werden.
- Die Beklagte sichert zu, den Kläger zu den Bedingungen des vorherigen Arbeitsverhältnisses und unter Anrechnung der vorherigen Betriebszugehörigkeit wieder einzustellen, wenn der Kläger die erfolgreiche Absolvierung einer stationären Alkoholtherapie nachweist und der Betriebsarzt der Beklagten keine dem entgegenstehenden konkreten Feststellungen trifft. Die Wiedereinstellungszusage gilt bis zum 31.12.2006.
- Damit ist der Rechtsstreit 5 Ca 5182/06 erledigt.
- Die Parteien behalten sich den schriftlichen Widerruf des Vergleichs gegenüber dem Gericht bis zum 26.06.2006 vor.
Der Vergleich wurde rechtskräftig.
Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2006 hat der Kläger beantragt, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I. B. zu gewähren.
Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 25.07.2006 folgenden Beschluss erlassen:
- Dem Kläger wird ab dem 26.05.2006 für die erste Instanz – ausschließlich eines evtl. Vergleiches – ausschließlich der Zwangsvollstreckung Prozesskostenhilfe für die Klaganträge zu 1) und 2) bewilligt und Rechtsanwalt I. B. beigeordnet. Es gelten die Bedingungen für ortsansässige Rechtsanwälte.
- Aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei werden keine Zahlungen festgesetzt.
- Im Übrigen (Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung) wird der Antrag der Klagpartei auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27.07.2006 zugestellt. Mit einem am 24. August 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz legte der Kläger sofortige Beschwerde ein und beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 25. Juli 2006, Az: 5 Ca 5182/06, dahingehend abzuändern, dass dem Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe auch für die mit dem Klagantrag zu 3. aus der Klagschrift vom 9. Mai 2006 beabsichtigte Rechtsverfolgung unter Beiordnung von Rechtsanwalt I. B. bewilligt wird.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.
Das Landesarbeitsgericht Berlin hat unter dem 10.05.2005 in einem gleichgelagerten Fall Folgendes ausgeführt:
„…
Einer Partei, die wie die Klägerin die Kosten der Prozessführung nicht selbst aufbringen kann, ist auf ihren Antrag hin Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Die Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.
a) Die Klägerin hat die Verurteilung des Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung nur für den Fall begehrt, dass sie mit der Kündigungsschutzklage obsiegt. Da ein derartiger Weiterbeschäftigungsanspruch ohne das Vorliegen besonderer Umstände gegeben ist, wenn das Arbeitsgericht die Unw...