Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindestlohn. Briefdienstleistungen
Leitsatz (redaktionell)
Das Berufungsgericht teilt die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die BriefArbbV wegen eines evidenten Verfahrensfehlers nichtig ist.
Normenkette
Tarifvertrag zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen für Mehrwertbriefdienstleistungen; BriefArbbV
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Urteil vom 30.10.2008; Aktenzeichen 9 Ca 9149/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 30.10.2008 – Az.: 9 Ca 9149/08 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Die Revision wird gegen dieses Urteil zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um tarifliche Zahlungsansprüche.
Der Kläger ist seit dem 02.11.2006 bei der Beklagten als Postzusteller beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst der Arbeitsvertrag vom 06.11.2006 (Bl. 6 ff. d. A.) zugrunde. Hierzu wurde eine erste Verlängerung vom 02.05.2007 (Bl. 11 d. A.) zwischen den Parteien vereinbart.
Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Mehrwertbriefdienstleistungen anbietet. Die Beklagte hat eine von der Bundesnetzagentur erteilte Lizenz zur gewerbsmäßigen Beförderung von Briefsendungen. Bzgl. der Einzelheiten der Lizenz wird auf Bl. 77 – 82 d. A. verwiesen. Die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste.
Der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste schloss am 11.12.2007 mit der Gewerkschaft Neue Brief- und Zustelldienste einen Tarifvertrag zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen für Mehrwertbriefdienstleistungen (Bl. 462 ff. d. A.).
Am 27.12.2007 informierte die Beklagte in einer Betriebsversammlung die Mitarbeiter über die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste und den Abschluss des Tarifvertrages zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen für Mehrwertbriefdienstleistungen. Sie teilte mit, dass allen Arbeitnehmern ab 01.01.2008 der Tariflohn entsprechend diesem Tarifvertrag gezahlt werde. Der Kläger nahm an dieser Betriebsversammlung teil. Ihm wurde eine Ergänzung zum Arbeitsvertrag (Bl. 469 d. A.) ausgehändigt, in der festgehalten ist, dass der zwischen dem Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste und der Gewerkschaft Neue Brief- und Zustelldienste abgeschlossene Tarifvertrag Grundlage der Vergütung sei. Der Kläger regte Vertagung an, da zeitgleich eine Betriebsversammlung mit Informationen durch die Gewerkschaft ver.di stattfand. Der Kläger hat die Ergänzung zum Arbeitsvertrag nicht unterschrieben.
Auch der Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di schlossen unter dem 29. November 2007 den Tarifvertrag über Mindestlöhne für die Branche Briefdienstleistungen (Bl. 12 ff. d. A.).
Am 28.12.2007 hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleitungen (im Folgenden BriefArbbV) erlassen. Dort heißt es auszugsweise:
„§ 1 Zwingende Arbeitsbedingungen
Die in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten Rechtsnormen des zwischen dem Arbeitgeberverband Postdienste e.V., Adenauereallee 87, 53113 Bonn und der ver.di- Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, abgeschlossenen Tarifvertrages vom 29.11.2007 über Mindestlöhne für die Branche Briefdienstleistungen, finden auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung, die unter seinen Geltungsbereich fallen. (…)
§ 2 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2008 in Kraft und am 20.April 2010 außer Kraft.”
Die Beklagte hat für den Monat Januar 2008 die vom Kläger geleisteten Arbeitsstunden weiterhin mit EUR 7,50 brutto je Stunde abgerechnet und ausbezahlt. Für den Monat Januar 2008 waren 139,09 Stunden zu bezahlen.
Mit Urteil vom 07.03.2008 hat das Verwaltungsgericht in seiner nicht rechtskräftigen Entscheidung unter dem Aktenzeichen VG 4 A 439.07 festgestellt, dass die Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 28.12.2007 über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen (Bundesanzeiger vom 29.12.2007, Nr. 242, Seite 8410) den Kläger zu 3) in seinem Recht aus Art. 9 Abs.3 des Grundgesetzes und die Kläger zu 1), 4) und 5) in ihren Rechten aus den Art. 9 Abs.3 und 12 Abs.1 des Grundgesetzes verletzt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Urteil vom 28.01.2010 unter dem Aktenzeichen 8 C 19.09 das entsprechende Urteil des Oberverwaltungsgerichts bestätigt und die Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für rechtsunwirksam gehalten.
Das Landesarbeitsgericht Köln hat durch Beschluss vom 20.05.2009 – 9 TaBV 105/08 – angenommen, dass die Gewerkschaft Neue Brief- und Zustelldienste (GNBZ) keine tariffähige Gewerkschaft sei. Durch Pressemitteilung hat das Bundesarbeitsgericht Folgendes mitgeteilt:
„Der Termin zur Anhörung in...