Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Beschränkung des Mindestlohns einer Zeitungszustellerin. Klage auf Zahlung eines Nachtzuschlags für das Zustellen von Anzeigenblättern
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG ist durch § 24 Abs. 2 Satz 1 MiLoG übergangsweise beschränkt.
2. Nach der Legaldefinition des § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG sind Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften sowie Anzeigenblätter mit redaktionellem Inhalt an Endkunden zustellen. Dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt.
3. Anzeigenblätter im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG sind Presseprodukte, die (auch unter den Synonymen Wochenzeitung, Wochenblatt, Stadtteilzeitung) kostenlos regelmäßig an die Haushalte eines festumrissenen Gebiets verteilt werden, sich allein durch die aufgegebenen Anzeigen finanzieren und dabei nur einen kleineren und möglicherweise nur regionalen redaktionellen Teil enthalten (“Kurier der Woche").
4. Auch ein Magazin, das vor jedem Heimspiel der ersten Fußballbundesliga Herrenmannschaft eines Sportvereins und damit periodisch erscheint (“Werder Heimspiel"), ist eine periodische Zeitschrift im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 3 MiLoG.
5. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 2 MiLoG ist nicht auf den Wortlaut des Arbeitsvertrags sondern auf die tatsächliche Handhabung der Zustellung im streitgegenständlichen Zeitraum abzustellen.
6. Die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
7. Der Nachtarbeitszuschlag ist auf der Grundlage des Mindestlohns zu berechnen. Dabei ist ein Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25 % des Bruttostundenlohns oder eine entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage regelmäßig als angemessen im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; MiLoG § 1 Abs. 2 S. 1, § 24 Abs. 2 Sätze 1, 3; ArbZG § 6 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Bremen-Bremerhaven (Entscheidung vom 09.12.2015; Aktenzeichen 7 Ca 7198/15) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 09.12.2015 - 7 Ca 7198/15 - teilweise abgeändert, und
1. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Januar 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 18,13 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.02.2015 zu zahlen.
2. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat März 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 3,34 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.04.2015 zu zahlen;
3. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat April 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 20,07 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.05.2015 zu zahlen;
4. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Mai 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 26,29 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.06.2015 zu zahlen;
5. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Juni 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 7,60 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.07.2015 zu zahlen.
6. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Juli 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 6,30 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.08.2015 zu zahlen.
7. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat August 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 0,89 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.09.2015 zu zahlen.
8. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat September 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 12,06 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.10.2015 zu zahlen.
9. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Oktober 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 23,13 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.11.2015 zu zahlen.
10. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Dezember 2015 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 17,80 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.01.2016 zu zahlen.
11. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Januar 2016 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 14,20 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.02.2016 zu zahlen.
12. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Februar 2016 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 17,82 brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08.03.2016 zu zahlen.
13. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat März 2016 ausstehende Vergütung in Höhe von EUR 52,19 brutto zuzüglich Zinsen ...