Leitsatz (amtlich)

1. Auf einen Handelsvertreter, der nach seinem Arbeitsvertrag die Benelux-Staaten betreuen muß, selbst aber in den Niederlanden wohnt, ist Art. 30 Abs. 2 Ziff. 1 EGBGB nicht anwendbar.

2. Art. 30 Abs. 2 Ziff. 2 EGBGB ist dann einschlägig, wenn die Tätigkeit von einem Standort aus in einem anderen Staat nicht ungewöhnlich ist.

3. Die weitgehende Freiheit in der Arbeitsweise und bei der Setzung regionaler Schwerpunkte, die ein Arbeitnehmer genießt, führt nicht dazu, daß sich das jeweils anzuwendende Arbeitsstatut nach dem aktuellen Stand der tatsächlichen Reisetätigkeit richtet.

4. Zu den Voraussetzungen der Anwendung des „Ausnahmetatbestandes” in Art. 30 Abs. 2 EGBGB.

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 21.06.1994; Aktenzeichen 2 Ca 2033/94)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 21.06.1994 – 2 Ca 2465/93 – wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung nach deutschem oder nach niederländischem Recht zu beurteilen ist.

Der Kläger ist seit dem 01.02.1990 als Außendienstmitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Er erhält ein Jahresgehalt von DM 110.000,00.

Der Kläger hatte sich mit Schreiben vom 18. Juni 1989 bei der Beklagten offiziell für die Übernahme von Verkaufsaktivitäten in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg beworben. In seinem Bewerbungsschreiben weist er darauf hin, daß das Marktpotential in den Beneluxländern für die von der Beklagten vertriebenen Parfümöle, Aromen und ätherische Öle bei über 200.000.000,– Gulden liege, wobei auf Belgien und Luxemburg ein Anteil von rd. 60.000.000 entfiele. In dem Schreiben heißt es weiter:

„Eine Zusammenarbeit stelle ich mir in etwa wie folgt vor:

  1. Angestelltenverhältnis.

    … für meine Frau und vier Kinder brauche ich ein sicheres Einkommen, vor allen Dingen in den ersten Jahren, evtl. ließe sich auf Basis von Erfolgen im Markt später über eine freie Verbindung reden.

  2. Einkommen = DM 110.000,00.

  3. Standort: Blaricum.

    Blaricum liegt sehr zentral und verkehrsgünstig im Verkaufsgebiet. Es wäre zu überlegen, mit Hinblick auf ein „lokales Gesicht” zum Kunden hin, früher oder später … zu gründen – aus politischer Sicht spricht einiges dafür”.

Mit Schreiben vom 03.10.1989 bestätigte die Beklagte dem Kläger die zwischenzeitlich erzielte Einigung über eine zukünftige Zusammenarbeit. Danach war der Kläger als Mitarbeiter im Außendienst eingestellt, und zwar zunächst befristet für eine Probezeit von sechs Monaten. Während dieser Zeit sollte das Arbeitsverhältnis vorzeitig mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gelöst werden können. Als Standort wird Blaricum festgelegt. Das Reisegebiet umfaßt die Niederlande, Belgien und Luxemburg, Die Beklagte sei berechtigt, sofern es ihr erforderlich erschiene, das Reisegebiet zu erweitern oder einzuschränken. Als Jahresgehalt wurde DM 110.000,00 brutto/netto, zahlbar in monatlichen Teilbeträgen, festgelegt. Anfallende Steuern in Holland sollten zu Lasten des Klägers gehen. Die Sozialversicherungsbeiträge sollte der Kläger in voller Höhe selbst entrichten, Arbeitgeberanteile die Beklagten erstatten. Gegen Vorlage entsprechender Belege sollten auch Zuschüsse zur Kranken-, Renten- und Invaliditätsversicherung gezahlt werden. Die Beklagte versprach, für den Kläger eine Unfallversicherung abzuschließen. Nach erfolgreicher Probezeit sollte ein Arbeitsverhältnis von unbefristeter Dauer vereinbart werden, für das eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zu jedem Quartalsende gelten soll. Es wird daraufhingewiesen, daß, soweit verlängerte gesetzliche Fristen Gültigkeit haben, diese für beide Seiten bindend seien. Der Urlaubsanspruch sollte sich aus der als Vertragsbestandteil vereinbarten Betriebsvereinbarung über neue Urlaubsregelungen, die im Betrieb der Beklagten in Bremen gilt, ergeben. Hinsichtlich der Arbeitszeit wird auf die in Bremen geltende Arbeitszeitregelung verwiesen. Der Kläger wurde daraufhingewiesen, daß er als Mitarbeiter im Hinblick auf das Bundesdatenschutzgesetz zur Geheimhaltung personenbezogener Daten verpflichtet sei. Eine entsprechende Verpflichtung auf das Datengeheimnis gemäß § 5 Bundesdatenschutzgesetz hat der Kläger unterschrieben.

Der Kläger hat die im Schreiben vom 03.10.1989 genannten Bedingungen „zur Kenntnis genommen” und sich „mit den vorgenannten Bedingungen einverstanden” erklärt

Mit einem weiteren Schreiben vom 03.10.1989 wurde dem Kläger mitgeteilt, daß ihm im Wege der Einzelzusage eine betriebliche Altersversorgung in entsprechender Anwendung der Versorgungsbedingungen vom 11.12.1978 angeboten werde.

Am 23. Oktober 1989 schrieb der Kläger an die Beklagte, es bestünden offensichtlich immer noch gewisse Verständigungsschwierigkeiten in Sachen Versicherungsbeiträgen. Der Kläger wies in diesem Schreiben daraufhin, daß er sich im abschließenden Gespräch mit der Beklagten auf den Standpunkt gestellt hatte, daß ma...

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