Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Abmahnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Liegt zwischen zwei Abmahnungen ein Zeitraum von mindestens 3 Monaten, so ist der Streitwert auf 1 Monatseinkommen des Klägers festzusetzen.

2. Bei einem unter 3 Monaten liegenden Zeitraum ist der Wert auf 1/3 des auf diesen Zeitraum fallenden Einkommens zu bestimmen.

3. Dabei ist für eine einzelne Abmahnung der Betrag von 1/3 eines Monatseinkommens nicht zu unterschreiten.

 

Normenkette

ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 19.05.1995; Aktenzeichen 7 Ca 299/95)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird derStreitwertbeschluß des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 19.05.1995 abgeändert.

Der Streitwert wird anderweitig wie folgt festgesetzt:

a) für das Verfahren auf 23.022,21 DM,

b) für den Vergleich auf 34.122,21 DM.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Beschwerdewert: bis 1.200,– DM.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde (§ 25 Abs. 3 GKG) ist erfolgreich.

Gegenstand der Klage war die Entfernung von insgesamt 12 Abmahnungen aus der Personalakte der Klägerin.

Die Beschwerdekammer bewertet den Anspruch auf Rücknahme einer Abmahnung im Regelfall mit einem Monatsgehalt (vgl. zuletzt: Beschluß vom 28.12.1993 – 7 Ta 126/93 –; ebenso: LAG Hamm EzA § 12 ArbGG 1979 Nr. 31; LAG Bremen KostRspr. ArbGG § 12 Nr. 73; LAG Frankfurt LAGE § 12 ArbGG Streitwert Nr. 72 und LAG Hamburg LAGE § 12 ArbGG Streitwert Nr. 94). Von dieser Rechtsprechung ist auch das Arbeitsgericht ausgegangen.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts gilt dies uneingeschränkt jedoch nur für die zeitlich erste Abmahnung. Für in kurzen Abständen folgende weitere Abmahnungen ist hingegen ein niedrigerer Wert anzusetzen. Insoweit sind entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts die Grundsätze, die bei Mehrfachkündigungen gelten (Differenztheorie; siehe Beschlüsse der Beschwerdekammer EzA § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 2 und LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 39) mit heranzuziehen. Denn der Streitwert für Abmahnungsklagen ist in Relation zum höchsten Kündigungsschutzstreitwert (§ 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG) bestimmt worden. Anderenfalls würden sich Wertungswidersprüche im Vergleich zu der Festsetzung bei Kündigungen ergeben. Würde bei einer weiteren Abmahnung der Wert stets auf den vollen Monatsbetrag festgesetzt, könnte der Fall eintreten, daß eine der ersten Abmahnung in kurzen zeitlichen Abstand folgende weitere Abmahnung unter Umständen höher zu bewerten wäre als eine einer Kündigung in gleichem Abstand folgende weitere Kündigung (vgl. Beschwerdekammer a.a.O. und Beschluß vom 05.01.1989 – 7 Ta 400/88 –). Auch die Erwägungen des Arbeitsgerichts in der Nichtabhilfeentscheidung stehen der Heranziehung der Differenztheorie für die Wertbestimmung bei Abmahnungsklagen nicht entgegen. Insbesondere kann es auch bei Mehrfachkündigungen erforderlich werden, daß jede dieser Kündigungen gerichtlich überprüft werden muß.

Von diesem Ausgangspunkt ausgehend, bewertet die Beschwerdekammer mehrfache Abmahnungen wie folgt (siehe bereits den zitierten Beschluß vom 28.12.1993):

  1. Liegt zwischen zwei Abmahnungen ein Zeitraum von mindestens 3 Monaten, so bleibt es bei der Festsetzung auf 1 Monatseinkommen.
  2. Bei einem unter 3 Monaten liegenden Zeitraum ist der Wert auf 1/3 des auf diesen Zeitraum fallenden Einkommens des Klägers zu bestimmen.
  3. Dabei darf für eine einzelne Abmahnung der Betrag von 1/3 eines Monatseinkommens nicht unterschritten werden.

Letzteres hat seinen Grund darin, daß anderenfalls der Arbeitsaufwand für Gericht und Anwälte nicht angemessen berücksichtigt wäre (vgl. hinsichtlich eines Mindeststreitwerts für Kündigungsstreitigkeiten: LAG Bremen MDR 1987, 525; LAG Köln LAGE § 12 ArbGG Streitwert Nr. 79 = MDR 1989, 673; LAG Hamm JurBüro 1990, 1605).

Auf den vorliegenden Fall übertragen, bedeutet dies folgendes: Die 1. Abmahnung vom 05.11.1993 ist mit 1 Monatseinkommen zu bewerten, desgleichen die 2. Abmahnung vom 24.10.1994, weil dazwischen ein längerer Zeitraum als 3 Monate liegt. Für die 3. Abmahnung vom 22.12.1994 sind wegen des rd. 2 Monate betragenden zeitlichen Zwischenraums 2/3 eines Monatseinkommens anzusetzen. Die weiteren Abmahnungen (4, 5, 6) vom 23.12.1994, 12.01.1995 und 13.01.1995 sind mit dem Mindestbetrag von 1/3 Monatseinkommen zu bewerten. Für die 7. Abmahnung (1. Abmahnung vom 04.04.1995) ist im Hinblick auf die Zeitdifferenz zwischen der voraufgegangenen Abmahnung ein Betrag von 2 2/3 eines Monatseinkommens (3.288,88 DM) anzusetzen. Die folgenden 5 Abmahnungen (8, 9, 10, 11, 12) (4 weitere Abmahnungen vom 04.04.1995 und Abmahnung vom 20.04.1995) sind schließlich wiederum mit dem Mindestbetrag von 1/3 eines Monatseinkommens zu bewerten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1063882

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