Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe für besondere Belastung. Mutwilligkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. In Ansehung oder während des Prozesses eingegangene Kreditverpflichtungen sind regelmäßig nicht als besondere Belastungen i.S.v. § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 4 ZPO anzusehen, soweit es sich nicht um sog. lebensnotwendige Anschaffungen handelt.

2. Die Inanspruchnahme eines nur befristet und unter dem Vorbehalt weiterer Nachweise erteilten Kreditangebotes nach Kenntniserlangung von einem nunmehr bevorstehenden Kündigungsschutzprozess ist in diesem Sinne als mutwillig anzusehen.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 01.03.2010; Aktenzeichen 2 Ca 8924/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.03.2010 wird kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Mit der am 08.12.2009 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen den Ausspruch einer ihm am 17.11.2009 zugegangenen außerordentlichen Kündigung gewandt. Hierzu hat er mit einem am 06.01.2010 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt. Der Kläger bezieht Arbeitslosengeld I in Höhe von 822,00 EUR. Als besondere Belastung führt der Kläger u. a. die Rückführung eines Kredites über 5.000,00 EUR mit monatlichen Raten von 301,00 EUR sowie eines weiteren Kredites in gleicher Höhe mit monatlich 235,00 EUR bei der Readybank an. Bezüglich des letzteren Kredites hatte die Bank unter dem 02.12.2009 dem Kläger mitgeteilt, dass der entsprechende Kreditantrag unter dem Vorbehalt genehmigt werde, dass verschiedene Unterlagen, u. a. der unterschriebene Kreditvertrag sowie Einkommensnachweise vollständig vom Kläger eingereicht würden. An die Kreditzusage hielt sich die Bank für die Dauer von 2 Wochen gebunden. Die Kreditsumme wurde dem Kläger ausweislich der Kreditbestätigung vom 10.12.2009 am 09.12.2009 zur Verfügung gestellt. Die Tilgung hatte ab dem 15.01.2010 mit monatlichen Raten von 235,00 EUR zu erfolgen.

Durch Beschluss vom 01.03.2010 hat das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwalts mit der Maßgabe bewilligt, dass dieser aus seinem Einkommen monatliche Raten von 45,00 EUR zu zahlen hat. Bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens hat das Arbeitsgericht die monatliche Kreditrate von 235,00 EUR unberücksichtigt gelassen, weil der Kläger bereits vor der verbindlichen Kreditvereinbarung Kenntnis von der außerordentlichen Kündigung gehabt habe und sich auf den anstehenden Rechtsstreit finanziell habe einrichten müssen.

Mit der hiergegen fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde hat der Kläger geltend gemacht, der Kredit sei vor Klageeinreichung zu einem Zeitpunkt beantragt worden, als der Rechtsstreit noch nicht absehbar war. Die Kreditzusage sei am 02.12.2009 und damit vor Klageeinreichung erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Arbeitsgericht von einem einzusetzenden Einkommen des Klägers in Höhe von 126,00 EUR ausgegangen und hat hierbei die an die Readybank zu zahlende Kreditrate von monatlich 235,00 EUR unberücksichtigt gelassen.

1. Bei der Berücksichtigung von bestehenden Verbindlichkeiten ist danach zu unterscheiden, ob diese in Ansehung des Prozesses bzw. nach dessen Aufnahme eingegangen worden sind oder bereits zuvor entstanden waren. In Ansehung oder während des Prozesses eingegangene Kreditverpflichtungen sind grundsätzlich nicht als besondere Belastungen zu berücksichtigen, da von diesem Zeitpunkt an die Lebensführung auf den bevorstehenden Prozess eingerichtet werden muss (vgl. OLG Naumburg, Beschluss v. 29.10.2008 – 3 WF 274/08, OLG Report 2009, 462; Beschluss v. 19.12.2008 – 3 WF 320/08, OLG-Report 2009, 482; OLG Naumburg, Beschluss v. 14.08.2008 – 3 WF 189/08, FamRZ 2009, 628; OLG Köln, Beschluss v. 08.02.1994 – 25 WF 10/94, MDR 1995, 314; LAG Düsseldorf in ständiger Rechtsprechung, Beschluss vom 04.04.2008 – 3 Ta 193/08 –; OLG Zweibrücken, Rechtspfleger 1981, 366; LAG Nürnberg, Beschluss v. 14.10.1988 – 3 Ta 110/88, LAGE Nr. 32 zu § 115 ZPO; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 115 Rz. 38 m w. N.; Kalthöhner/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Aufl., Rz. 294). In Ansehung des Prozesses sind die Schulden dann eingegangen, wenn der Antragsteller die Notwendigkeit der Prozessführung zu diesem Zeitpunkt erkannte, wobei nicht erst auf den – beeinflussbaren – Zeitpunkt der PKH-Antragstellung abzustellen ist (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 12.09.1995 – 16 W 46/95, FamRZ 1996, 873; OLG Hamm, Beschluss v. 01.06.1987 – 11 W 55/87, JurBüro 1987, 1416). Anderes gilt, soweit es sich...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge