Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmereigenschaft von Mitgliedern der DRK-Schwesternschaft. Abwendbarkeit des AÜG
Leitsatz (amtlich)
1. Rote-Kreuz-Schwestern, die ihre pflegerischen Leistungen aufgrund einer mitgliedschaftlichen Verpflichtung erbringen, sind keine Arbeitnehmer/innen. Es liegt keine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen vor (ebenso z.B. BAG v. 22.04.1997 - 1 ABR 74/96 -). Unerheblich ist, ob den Schwestern die Wahlfreiheit eingeräumt wird, die Dienstleistungen alternativ im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zu erbringen (ebenso LAG Düsseldorf v. 27.03.2012 - 17 TaBV 86/11 -).
2. Aufgrund der fehlenden Arbeitnehmereigenschaft findet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz keine Anwendung, wenn Mitglieder der Schwesternschaft im Wege eines Gestellungsvertrages in einem Krankenhaus eingesetzt werden, das nicht vom Deutschen Roten Kreuz betrieben wird.
Normenkette
BetrVG § 99; AÜG § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 02.02.2012; Aktenzeichen 3 BV 94/11) |
Nachgehend
Tenor
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung einer DRK-Krankenschwester zu ersetzen ist.
Die Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt in F. eine stationäre Einrichtung zur Prävention, Diagnostik und Behandlung von Lungen- und Atemwegserkrankungen. Beteiligter zu 2) ist der bei der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat.
Im Dezember 2011 beschäftigte die Arbeitgeberin 194 examinierte Pflegekräfte. Zehn der Pflegekräfte wurden auf der Grundlage eines zwischen der Arbeitgeberin und dem gemeinnützigen Verein DRK-Schwesternschaft F. e.V. (im Folgenden: Schwesternschaft) geschlossenen Gestellungsvertrages eingesetzt. Der Zweck der Schwesternschaft besteht laut Satzung u.a. in der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege. Die Schwesternschaft ist Mitglied des Verbandes der Schwesternschaft und des Deutschen Roten Kreuzes e.V. Sie beschäftigt überwiegend Pflegekräfte, die mitgliedschaftlich bei ihr organisiert sind. Darüber hinaus sind auch noch Pflegekräfte tätig, die auf Basis eines Arbeitsvertrages beschäftigt werden. Im Jahr 2003 beschloss der Vorstand der Schwesternschaft, zukünftig keine Arbeitsverträge mit Bewerbern um eine Pflegekraftstelle abzuschließen, sondern nur noch Vereinsmitglieder zu beschäftigen. Die Schwesternschaft verfügt über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.
In dem Gestellungsvertrag vom 24.03.2010 ist u.a. Folgendes geregelt:
"§ 3
(1)Die von der Schwesternschaft aufgrund dieses Vertrages eingesetzten Gestellungskräfte stehen in keinem Arbeitsverhältnis zur S.. Ihre Rechte und Pflichten ergeben sich aus ihrer Vereinsmitgliedschaft in der Schwesternschaft.
Bei der internen Ausgestaltung der Mitgliedschaft ist die Schwesternschaft frei. Die inhaltliche Ausgestaltung der Mitgliedschaft einschließlich der Anwendung oder Änderung des Vergütungssystems, Ein- und Umgruppierungen etc. obliegt ausschließlich der Schwesternschaft.
[...]
(3)Bei seiner Tätigkeit in der S. unterliegt das Gestellungspersonal den fachlichen und organisatorischen Weisungen der zuständigen Stellen der S.. Das vereinsrechtliche Direktionsrecht der Schwesternschaft bleibt unberührt. Weisungen und organisatorische Maßnahmen, die in das vereinsrechtliche Grundverhältnis zwischen Gestellungspersonal und der Schwesternschaft eingreifen, die insbesondere das vereinsrechtliche Direktionsrecht überschreiten können, nehmen die Parteien dieses Vertrages nur in wechselseitiger Abstimmung vor."
Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Gestellungsvertrages wird auf Bl. 352 - 361 d.A. Bezug genommen.
Die vereinsrechtliche Stellung der Mitglieder der Schwesternschaft, der sogenannten DRK-Schwestern, wird durch die Satzung der DRK-Schwesternschaft (Stand: 05.07.2006) bestimmt. Dort ist u.a. Folgendes geregelt:
"§ 8
Ausschluss aus der Schwesternschaft und Widerruf der Aufnahme
1.Jedes Mitglied kann aus der Schwesternschaft ausgeschlossen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
2.Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn das Mitglied gegen die Grundsätze der Rotkreuz- oder Rothalbmondbewegung schwerwiegend und nachhaltig verstößt, wenn es übernommene Pflichten nachhaltig verletzt, insbesondere bei Ausübung der beruflichen Tätigkeit, oder wenn es in sonstiger Weise durch sein Verhalten die Gemeinschaft erheblich stört und es dieses Verhalten trotz schriftlichen Hinweises auf die im Wiederholungsfall drohenden Folgen fortsetzt. Der Hinweis auf den drohenden Ausschluss kann nur dann unterbleiben, wenn der Schwesternschaft eine Fortsetzung der Mitgliedschaft nicht zumutbar ist.
[...]"
Für Rechtsstreitigkeiten zwischen der Schwesternschaft und ihren Mitgliedern ist die Zuständigkeit eines Sc...