Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Wahl der frei zu stellenden Mitglieder des Betriebsrats. Zulässigkeit der Durchführung der Wahl getrennt nach Arbeitnehmern und Beamten
Leitsatz (amtlich)
1. § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG schreibt die Wahl der freizustellenden Mitglieder des Betriebsrats in einem einheitlichen Wahlgang vor.
2. Es ist auch in Postnachfolgeunternehmen gemäß § 38 Abs. 1 PostPersRG nicht zulässig, die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder getrennt nach den Gruppen der Arbeitnehmer und Beamten durchzuführen.
Normenkette
BetrVG § 38 Abs. 2 S. 1; PostPersRG § 16
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Entscheidung vom 19.11.2015; Aktenzeichen 5 BV 10/15) |
Nachgehend
Tenor
- Die Beschwerde der Beteiligten zu 4. sowie zu 6. bis 13. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 19.11.2015 - 5 BV 10/15 - wird zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder vom 05.03.2015.
Die Antragsteller und Beteiligten zu 1. bis 3. sind ordentliche Mitglieder des bei der Arbeitgeberin, Beteiligte zu 5., gewählten Betriebsrats, des Beteiligten zu 4. Die Beteiligte zu 5. ist ein Postnachfolgeunternehmen im Sinne des § 38 Abs. 1 PostPersRG.
Der Beteiligte zu 4. ist in der Betriebsratswahl vom 06.05.2014 bis zum 08.05.2014 gewählt worden. Er besteht aus 31 Mitgliedern, von denen 24 über eine ver.di-Liste, vier über die Liste der Christlichen Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) und drei über die der Gewerkschaft DPVKom in den Betriebsrat gewählt wurden.
In dem Zuordnungstarifvertrag für die Deutsche Post AG vom 05.10.1995 ist unter Anderem geregelt:
"§ 2 Festlegung der Anzahl der Betriebe und Betriebsräte
(1)Jede Niederlassung der Deutschen Post AG ist ein Betrieb...
(2)Je Betrieb wird ein Betriebsrat gebildet.
§ 4 Freistellungsumfang
Bei den in § 2 genannten Betrieben werden insgesamt 881 Betriebsratsmitglieder von der beruflichen Tätigkeit freigestellt.
Die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder je Betrieb ist in der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag festgeschrieben."
Nach der Anlage 1 zum Zuordnungstarifvertrag, geändert durch Tarifvertrag Nr. 126 vom 22.11.2005, entfallen auf die Niederlassung Brief Duisburg neun Freistellungen.
Die konstituierende Sitzung des Betriebsrats fand am 16.05.2014 statt. Die in dieser Sitzung durchgeführte Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder wurde auf Antrag der hiesigen Beteiligten zu 1. bis 3. durch das Arbeitsgericht Duisburg mit Beschluss vom 23.10.2014 - 1 BV 41/14 - für unwirksam erklärt.
Über die von dem Beteiligten zu 4. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts eingelegte Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht nicht mehr entscheiden müssen. Die freigestellten Betriebsratsmitglieder wurden in der Sitzung des Betriebsrats vom 05.03.2015 abberufen.
In derselben Betriebsratssitzung wurde unter TOP 4 der Tagesordnung die Neuwahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder verhandelt. Die Niederschrift über die Betriebsratssitzung vom 05.03.2015 lautet auszugsweise wie folgt:
"TOP 4.1 Beschluss über das Wahlverfahren
Es wurde Antrag auf getrennte Wahl nach Beschäftigtengruppe gestellt. Demnach sollen die freigestellten Betriebsräte getrennt für die Gruppe Arbeitnehmer und Gruppe Beamte gewählt werden. Hiermit soll gewährleistet werden, dass die Gruppe Beamte ihrer Stärke nach auch in der Freistellung des Betriebsrats vertreten ist.
Der Vorsitzende erklärt, dass dies wegen der besonderen Aufgaben der Beamten nötig ist.
Das Wahlverfahren wird wie folgt erklärt:
1.Es wird getrennt nach Wahlvorschlägen für die Arbeitnehmervertreter und Beamten abgestimmt.
2.Die Ausrechnung der jeweiligen Sitzverhältnisse wird nach dem D'Hondtschen Verfahren bestimmt.
3.Es stehen insgesamt 9 Freistellungen zur Verfügung.
4.Auf die Vertreter der Arbeitnehmer entfallen 7 Freistellungen, auf die der Beamten 2 (siehe Anlage).
5.Wahlberechtigt sind nur die jeweiligen Vertreter der Gruppe im Betriebsrat.
6.Es wird, gemäß Beschluss/Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg, eine Verhältniswahl durchgeführt.
7.Die einzelnen Interessenvertretungen und Gewerkschaften haben die Möglichkeit, Wahlvorschlagslisten einzureichen. Diese werden dann, entsprechend der Reihenfolge der dort benannten Kandidaten, berücksichtigt.
Die Betriebsratsmitglieder der dpvkom beantragen eine Sitzungsunterbrechung. Nach Rücksprache mit dem Kollegen G. wird als Ende der Unterbrechung 10:50 Uhr angegeben.
Auf Antrag der Betriebsratsmitglieder dpvom wird die Unterbrechung für 5 Minuten auf 10:55 Uhr verlängert. Tatsächlich wird die Sitzung um 10:56 Uhr fortgesetzt. Die Betriebsratsmitglieder der dpvkom waren um 10:57 Uhr wieder anwesend.
Der Kollege G. erklärt, das die Betriebsratsmitglieder der dpvkom dem Wahlverfahren nicht zustimmen und dies auch so in der Sitzungsniederschrift festgehalten werden soll. Der Vorsitzende erklärt, das die Niederschrift vor...