Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten
Leitsatz (amtlich)
Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten kann schon dann gegeben sein, wenn die klagende Partei die Rechtsansicht vertritt, sie sei Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis mit der beklagten Partei. Das ist dann der Fall, wenn die Klage nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn ein Arbeitsverhältnis bestand/besteht; wenn also bei Fehlen eines Arbeitsverhältnisses die Klage zweifelsfrei schon deshalb unbegründet ist, weil es an einem Arbeitsverhältnis fehlt (Abweichung – zum Teil – von BAG AP Nr. 6 zu § 17 a GVG und Nr. 19 zu § 2 ArbGG 1979).
Normenkette
ArbGG § 48 Abs. 1; GVG § 17a; ArbGG §§ 2, 5
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 09.03.1995; Aktenzeichen 11 Ca 8576/94) |
Nachgehend
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird derBeschluß des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 09.03.1995 abgeändert.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Die weitere sofortige Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger war seit 01.07.1971 in einer zuletzt vom Beklagten betriebenen Privatklinik als leitender Arzt für Anästhesie tätig. Er bezog aus dieser Tätigkeit nach eigenen Angaben ein jährliches Einkommen, das sich zwischen ca. 420.000,– DM und 480.000,– DM bewegte. Er liquidierte dabei direkt bei den Patienten. Einen Teil des Honorars führte er an den Krankenhausträger ab, zuletzt an den Beklagten aufgrund eines Schriftwechsels seit dem 01.01.1988 einen Anteil von 15 %.
Der Kläger betreibt daneben keine sogenannte freie Praxis. Er ist seit relativ kurzer Zeit jedoch ärztlicher Leiter eines Sauerstoffinstituts. An der dieses Institut betreibenden Gesellschaft ist der Kläger beteiligt. Er arbeitet für das Institut nach eigenen Angaben maximal 12 Stunden pro Woche und nimmt nach eigenen Angaben knapp 100.000,– DM pro Jahr ein.
Der Beklagte ist gegenüber den die Klinik nutzenden anderen Ärzten vertraglich verpflichtet, die anästhesiologische Versorgung sicherzustellen. Sie bezeichnet dafür den Kläger gegenüber den anderen Ärzten als zuständig und verantwortlich. Der Kläger trug selbst Sorge für Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Ebenso wie die anästhesiologische Versorgung selbst organisierte der Kläger auch die ihn betreffende Rufbereitschaft.
Der Beklagte teilte dem Kläger durch Schreiben vom 28.12.1994 mit, wegen möglicher Schließung der Klinik aus wirtschaftlichen Gründen sehe man sich „aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Wahrung der vereinbarten Fristen … gezwungen, Ihr Vertragsverhältnis zum 30.06.1995 ordentlich zu kündigen”.
Der Kläger wendet sich mit seiner am 30.12.1994 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage gegen die mit Schreiben vom 28.12.1994 ausgesprochene Kündigung und begehrt zusätzlich die Verurteilung des Beklagten zur Weiterbeschäftigung über den 30.06.1995 hinaus.
Der Beklagte hat „die sachliche Zuständigkeit” gerügt.
Der Kläger hat folgendes vorgetragen:
Er sei von der Rechtsvorgängerin des Beklagten im Jahr 1971 eingestellt worden, wobei Einigkeit bestanden habe darüber, daß ein Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Ein Arbeitsverhältnis sei das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Klinikträger in der Folgezeit geblieben. In dieser Form sei das Rechtsverhältnis auf den Beklagten übergegangen. Das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Beklagten sei deshalb ein Arbeitsverhältnis, weil er persönlich abhängig sei, dem Direktionsrecht des Beklagten unterworfen sei, eingebunden sei in die betriebliche Organisation des Beklagten, schließlich zeitlich und örtlich gebunden sei. Jedenfalls sei er wirtschaftlich abhängig vom Beklagten.
Der Beklagte hat zur Frage nach dem richtigen Rechtsweg folgendes vorgetragen:
Der Kläger sei von Anfang an nur als Belegarzt in der Klinik tätig gewesen, er sei kein Arbeitnehmer, auch keine arbeitnehmerähnliche Person. Keineswegs sei der Kläger persönlich abhängig bzw. einem Direktionsrecht unterworfen gewesen, er sei nicht eingebunden gewesen in die betriebliche Organisation. Der Kläger sei in jeder Beziehung frei gewesen, er habe nur aufgrund der mit ihm getroffenen vertraglichen Vereinbarung dafür Sorge tragen müssen, daß der Betrieb der Anästhesieabteilung gewährleistet gewesen sei. Wegen seiner Tätigkeit für das Sauerstoffinstitut sei der Kläger nicht einmal wirtschaftlich abhängig gewesen.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat durch Beschluß vom 09.03.1995 den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Düsseldorf verwiesen. Es hat in seinem Beschluß, auf den im übrigen Bezug genommen wird, folgendes ausgeführt:
Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ergebe sich nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG, weil es sich nicht um eine Rechtsstreitigkeit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses handle. Arbeitnehmer sei, ...