Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Unterlassung der Betriebsratswahl bei bloßer Anfechtbarkeit. Keine Rückwirkung durch Anfechtung
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Betriebsratswahl ist zwischen bloßen Fehlern und Nichtigkeitsgründen zu unterscheiden.
Eine fehlerhafte Einladung zur Wahlversammlung begründet ebenso keine Nichtigkeit wie die Einladung ausschließlich in deutscher Sprache.
Normenkette
ArbGG § 83 Abs. 3; BetrVG § 19
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Entscheidung vom 17.08.2018; Aktenzeichen 3 BVGa 3/18 lev) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. - 7. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 17.08.2018 - AZ: 3 BVGa 3/18 lev - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über den Abbruch einer Betriebsratswahl.
Die Antragstellerinnen und Beteiligten zu 1. - 7. sind Unternehmen des B.-Konzerns. Soweit sie über eigene Arbeitnehmer verfügen, führen sie einen Gemeinschaftsbetrieb am Standort in C.. Insgesamt werden an diesem Standort ca. 1.100 Arbeitnehmer beschäftigt. Bislang gibt es am Standort C. keinen Betriebsrat. Antragsgegner und Beteiligter zu 8. ist der in einer Betriebsversammlung gewählte Wahlvorstand.
Im Juli 2018 riefen zwei bei der Beteiligten zu 1) sowie ein bei der Beteiligten zu 3) beschäftigter Arbeitnehmer zur Wahl eines Wahlvorstands zwecks Durchführung einer Betriebsratswahl auf. Diese Mitarbeiter, namentlich die Herren K. P., S. K. sowie V. C., verfassten eine an alle Arbeitnehmer der B.-Betriebe am Standort C. gerichtete Einladung zu einer "Betriebsversammlung gemäß § 17, Abs. 2, 3 BetrVG", die am 30.07.2018 um 16.00 Uhr in der Aula einer Gesamtschule stattfinden sollte. In dieser Einladung wurden insgesamt acht Firmen namentlich aufgeführt. Wegen der Einzelheiten der Einladung wird auf die Anlage 2, Bl 223 d.A., Bezug genommen. Zudem richteten die drei Initiatoren ein Schreiben an die in der Einladung aufgeführten Unternehmen, in welchem sie diese über die beabsichtigte Durchführung einer Betriebsratswahl und die Einladung zur Betriebsversammlung unterrichteten. Als Anlage war das Einladungsschreiben beigefügt, verbunden mit der Bitte, dieses allen nicht im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern weiter zu leiten.
Die in der Einladung als "B. J. Holding Germany GmbH" bezeichnete Gesellschaft firmierte bereits am 19. Juli 2018 nicht mehr unter dieser Bezeichnung. Sie wurde in die ebenfalls in der Einladung genannte "B. Engineering and J. GmbH" - der nunmehrigen Beteiligten zu 3. - umfirmiert.
Die Arbeitnehmer sind örtlich verteilt auf mehrere Gebäude wie folgt untergebracht:
-A-Gebäude:ca. 337 Beschäftigte
-Testing (im A-Gebäude):ca. 118 Beschäftigte
-B-Gebäude:ca. 157 Beschäftigte
-C-Gebäude:ca. 444 Beschäftigte
-Datacenter:ca. 16 Beschäftigte
Lediglich zum A-Gebäude - mit Ausnahme des Testing- und Patente-Bereichs - haben alle Mitarbeiter Zutritt. In dem A-Gebäude befindet sich zusätzlich die für alle Mitarbeiter zugängliche Werkskantine. An verschiedenen Stellen der Gebäude A und C befinden sich "schwarze Bretter", insbesondere im Erdgeschoss am Abgang zur Kantine vor dem Personalbereich in Gebäude A. Auch die anderen Gebäude halten "schwarze Bretter" vor. Verschiedene Aushänge des Einladungsschreibens für den 30.07.2018 waren zumindest am 23.07.2018 (montags) an verschiedenen Stellen im Gebäude B angebracht sowie am 26.07.2018 (donnerstags) an weiteren Stellen in den Gebäuden. Am 27.07.2018 (freitags) befand sich zumindest ein weiterer Aushang im sogenannten Testing-Bereich. Ob und in welchem Umfang die Einladung zur Wahl des Wahlvorstandes darüber hinaus durch die Initiatoren ausgehängt wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Am 20.07.2018 in den frühen Morgenstunden bis kurz vor 9:00 Uhr haben sowohl der Mitarbeiter C. als auch ein Vertreter der IG Metall an verschiedenen Parkplatzeinfahrten zu den Gebäuden des Betriebes Einladungen zur Betriebsversammlung am 30.07.2018 verteilt.
Im Zeitraum zwischen dem 20. und 30. Juli 2018 waren ca. 120 bis 140 Arbeitnehmer infolge Urlaubs oder Arbeitsunfähigkeit abwesend.
Am 30.07.2018 fand sodann in der in der Einladung genannten Gesamtschule die Wahl zum Wahlvorstand statt. Diese Schule ist ca. 2,5 Km vom Betriebsgelände entfernt. Zu Fuß bzw. mit öffentlichem Nahverkehr kann sie in ca. 20 Minuten erreicht werden, mit dem Pkw in ca. fünf Minuten.
Im Eingangsbereich der Aula waren Tische aufgestellt, an denen Beschäftigte der IG Metall die Registrierung vornahmen. Die Teilnehmer mussten sich mit Name, Vorname, Betrieb und Unterschrift registrieren lassen (siehe Anlage 3 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 16.08.2018). Eine Kontrolle anhand von Ausweisen fand nicht statt. Jeder Anwesende, der sich eingetragen hatte, erhielt zunächst eine sogenannte Registrierkarte mit einer Registriernummer. Die darauf enthaltene Nummer entsprach der laufenden Nummer in der am Eingang erstellten Liste. Unter Vorlage dieser Registrierkarte wurden dann später, getrennt nach Wahlgängen, die Stimmzettel ausgegeben, die für jeden Wahlgang eine ander...