Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratswahl während der Arbeitszeit. Voraussetzungen für die Durchführung einer Betriebsratswahl
Leitsatz (amtlich)
Ein Anfechtungsgrund gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG und § 24 Abs. 1 WO zum BetrVG – Erfordernis der Durchführung von Betriebsratswahlen während der Arbeitszeit und Erfordernis der grundsätzlich persönlichen Stimmabgabe – liegt nicht vor, wenn in einem Betrieb eines Arbeitgebers, der aus 67 Filialen besteht und in denen die Arbeitnehmer im Zweischichtbetrieb, darunter in einer Vielzahl von Fällen in Teilzeit arbeiten, in der Zeit zwischen 7.00 und 12.00 Uhr an einem Tag eine Betriebsratswahl durchgeführt wird, soweit zuvor durch den Wahlvorstand sichergestellt worden ist, dass alle wahlberechtigten Arbeitnehmer in den jeweiligen Filialen Briefwahlunterlagen erhalten haben.
Normenkette
BetrVG § 19 Abs. 1, § 20 Abs. 3 S. 2; WO § 24 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Beschluss vom 15.10.2010; Aktenzeichen 3 BV 37/10) |
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 15.10.2010 wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtswirksamkeit einer Betriebsratswahl.
Der Betrieb der Antragsgegnerin besteht aus 67 Filialen. Im Hauptbetrieb der Antragsgegnerin, wo auch die Produktion stattfindet, sind 85 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Antragsgegnerin hat insgesamt ca. 643 Mitarbeiter, von diesen haben ca. 329 Arbeitnehmer gewählt, davon 180 Arbeitnehmer mit Briefwahl.
In den Filialen wird im 2-Schichtsystem gearbeitet, die erste Frühschicht beginnt um 06:00 Uhr bzw. 07:00 Uhr und endet um 13:00 Uhr bzw. 14:00 Uhr; die Nachmittagsschicht fängt um 13:00 Uhr/14:00 Uhr an und endet um 19:00 Uhr/20:00 Uhr.
Zur Durchführung der Betriebsratswahl bestellte der damals im Amt befindliche Betriebsrat einen Wahlvorstand, der die Wahl mit Wahlausschreiben vom 24.03.2010 (Bl. 4, 5 d. A.) einleitete. Hierin heißt es unter anderem: „Die wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden hiermit aufgefordert, vor Ablauf von zwei Wochen in Betrieben mit nicht mehr als 50 Wahlberechtigten), spätestens jedoch bis zum 14.04.2010, 17:00 Uhr, Wahlvorschläge unter der Betriebsadresse P., L. Str. 130 einzureichen. Der Wahlvorstand darf nur fristgerecht eingereichte Wahlvorschläge berücksichtigen.”
Das Wahlergebnis wurde am Tag der Betriebsratswahl, dem 17.05.2010 bekannt gegeben. Mit Antragsschrift vom 31.05.2010, am selben Tag bei Gericht eingegangen, wurde die Betriebsratswahl von der Antragstellerin, einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, angefochten.
Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, bei der Betriebsratswahl sei gegen wesentliche Vorschriften verstoßen worden, die eine Anfechtung der Wahl begründeten. Sie rügt unter anderem: Das Wahlausschreiben sei fehlerhaft, da nicht angegeben sei, wie viele Stützunterschriften zur Einreichung eines Wahlvorschlages notwendig seien. Außerdem entspreche die Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge nicht der gesetzlich vorgeschriebenen 2-Wochen-Frist. Die Frist hätte am 07.04.2010 enden müssen. Im Wahlausschreiben werde jedoch der 14.04.2010 genannt.
Sie hat beantragt,
die Betriebsratswahl vom 17.05.2010 wird für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegner (Arbeitgeberin und Betriebsrat) beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, die Wahl sei gültig. Zwar enthalte das Wahlausschreiben nicht die Angabe über die Zahl der erforderlichen Stützunterschriften. Dieser Verstoß habe das Wahlergebnis jedoch nicht verändert. Zum einen wiesen die einzig rechtzeitig eingereichten Listen die notwendige Anzahl der Stützunterschriften auf. Zum anderen habe es keine Anfrage oder Initiative gegeben, eine weitere Liste zu eröffnen. Auch die unrichtige Fristverlängerung habe das Wahlergebnis nicht beeinflusst. Die beiden einzigen eingereichten Wählerlisten seien bereits wenige Tage nach Fristbeginn eingereicht worden. Danach sei keine weitere Liste abgegeben worden.
Das Arbeitsgericht hat die Wahl für unwirksam erklärt und hierzu ausgeführt, dass aufgrund der in Bezug genommenen Entscheidung des hessischen Landesarbeitsgerichts immer dann ein wesentlicher Fehler im Wahlverfahren vorliege, wenn die Mindestzahl der für einen Wahlvorschlag erforderlichen Stützungsunterschriften falsch angegeben worden sei. Dies müsse auch dann gelten, wenn die Zahl der erforderlichen Stützungsunterschriften gar nicht angegeben worden sei. Ein solcher Verstoß sei geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen, weil vorliegend nicht die Feststellung getroffen werden könne, dass dieser Verstoß keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt habe.
Hinsichtlich der weiteren Darstellung der Gründe wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.
Mit der zulässigen Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihr Ziel der Zurückweisung weiter.
Sie weist insbesondere darauf hin, dass entgegen der seitens des ...