Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigungsverlangen des Jugendvertreters
Leitsatz (amtlich)
1. Ein in den letzten sechs Monaten vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses gestelltes Weiterbeschäftigungsverlangen wahrt die Frist des § 78 a Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
2. Zur Einhaltung der Schriftform genügt eine E-Mail.
3. Für die Auflösung nach § 78 a Abs. 4 BetrVG kommt es auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht auf die Tatsachenlage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an (BAG 25.02.2009, 7 ABR 61/07, BVerwG 11.03.2008, 6 PB 16/07).
Normenkette
BetrVG § 78a
Verfahrensgang
ArbG Essen (Beschluss vom 15.12.2009; Aktenzeichen 2 BV 67/09) |
Nachgehend
Tenor
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 15.12.2009 wird unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert:
Das nach § 78 a BetrVG mit dem Beteiligten zu 2) begründete Arbeitsverhältnis wird aufgelöst.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob zwischen der antragstellenden Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 2) gemäß § 78& a Abs. 2 BetrVG ein Arbeitsverhältnis entstanden ist. Die Arbeitgeberin begehrt hilfsweise die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 78 a Abs. 4 BetrVG.
Die Arbeitgeberin ist eine in F. ansässige Genossenschaftsbank. Für ihren Betrieb ist der zu 3) beteiligte Betriebsrat und die zu 4) beteiligte Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt worden. Der Beteiligte zu 2) gehörte bis November 2008 der Jugend- und Auszubildendenvertretung als deren Vorsitzender an.
Der Beteiligte zu 2) schloss mit der Arbeitgeberin am 20.12.2004 einen Berufsausbildungsvertrag über die Ausbildung zum Bankkaufmann vom 01.09.2005 bis 31.08.2008 (Bl. 48 GA). Am 07.02.2007 (Bl. 50 GA) verlängerten die Beteiligten wegen Krankheit den Vertrag bis zum 31.01.2009, am 23.05.2008 (Bl. 52 GA) aus demselben Grund nochmals bis zum 31.08.2009. Nach erfolgreich abgelegter Abschlussprüfung endete das Ausbildungsverhältnis mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses am 26.06.2009.
Mit Email vom 23.01.2009 (Bl. 199 GA) bewarb der Beteiligte zu 2) sich bei der Arbeitgeberin auf die „Stellenausschreibung vom 19.01.2009 als Personalreserve.” Unter dem 06.02.2009 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat unter Hinweis auf die auch vom Beteiligten zu 2) eingereichte Bewerbung darum, der beabsichtigten Einstellung der Auszubildenden S. E., amtierende Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung, „nach bestandener Abschlussprüfung im Juni 2009” als Mitarbeiterin der Personalreserve zuzustimmen. Der Betriebsrat erteilte am 11.02.2009 zu die Zustimmung zur Einstellung von Frau E..
Mit Schreiben vom 17.02.2009 (Bl. 5 GA), am selben Tag zugegangen, verlangte der Beteiligte zu 2) von der Arbeitgeberin seine Weiterbeschäftigung gemäß § 78 a Nr. 3 BetrVG in einem unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnis nach Abschluss seiner Ausbildung. Unter dem 20.02.2009 (Bl. 6 GA) lehnte die Arbeitgeberin ab und wies den Beteiligten zu 2) auf die Frist nach § 78 a Abs. 2 BetrVG hin.
Mit Schreiben vom 17.03.2009 (Bl. 7 GA), am selben Tag der Arbeitgeberin zugegangen, verband der Beteiligte zu 2) sein erneutes Weiterbeschäftigungsverlangen mit dem Hinweis „auf den Antragszeitraum von 3 Monaten vor der Prüfung”. Abweichend von den üblicherweise bis Mitte Juni 2009 durchgeführten Abschlussprüfungen erhielt indessen der Beteiligte zu 2) im Nachhinein keinen Prüfungstermin bis Mitte Juni, sondern den späten Termin in der 25. KW 2009.
Am 06.04.2009 mailte der Beteiligte zu 2) über sein dienstliches Emailkonto der Arbeitgeberin seine Bewerbung auf eine ausgeschriebene Serviceberaterstelle in Ý. zu (Bl. 120 GA). Noch am selben Tag sagte ihm die Arbeitgeberin per Email ab (Bl. 122 GA). Diese versetzte – mit Zustimmung des Betriebsrats – zum 15.04.2009 den seit Januar 2009 in der Filiale B. beschäftigten Serviceberater B. auf die Stelle (Bl. 124 GA). Mit Email vom 23.06.2009 (Bl. 121 GA) bewarb der Beteiligte zu 2) sich erfolglos auch auf Stellenausschreibungen für einen Kassierer und einen Servicepartner in der Filiale B. sowie für einen „Mitarbeiter Telefonteam”.
Am 09.07.2009 hat die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht Essen beantragt,
- festzustellen, dass zwischen ihr und dem Antragsgegner nach Ablauf der Ausbildungszeit am 26. Juni 2009 ein Arbeitsverhältnis nicht begründet worden ist;
- hilfsweise,
das am 27. Juni 2009 zwischen ihr und dem Antragsgegner begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Durch Beschluss vom 15.12.2009 hat das Arbeitsgericht Essen dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde greift der Beteiligte zu 2) den Beschluss, auf den hiermit zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, unter Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens mit Rechtsausführungen an. Er macht geltend, dass nach schon Ende 2008 getätigten Äußerungen ...