Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsstellenspruch zur Unterweisung gemäß § 12 ArbSchG ohne vorherige Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG
Leitsatz (amtlich)
Die Unterweisung gemäß § 12 ArbSchG setzt eine Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) voraus. Ein Einigungsstellenspruch, der die Unterweisung ohne vorherige Gefährdungsbeurteilung regelt, ist rechtsunwirksam, weil das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nur innerhalb des Rahmens des ArbSchG ausgeübt werden kann.
Normenkette
ArbSchG §§ 5, 12; BetrVG §§ 50, 87 Abs. 1 Nr. 7; ArbGG § 83 Abs. 3; ZPO § 130 Nr. 6; Richtlinie 89/391/EWG vom 12.06.1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit Art. 6; Richtlinie 89/391/EWG vom 12.06.1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit Art. 12
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 11.12.2009; Aktenzeichen 1 BV 146/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.12.2009 – 1 BV 146/09 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Teilspruchs einer Einigungsstelle zur Unterweisung der Arbeitnehmer nach § 12 ArbSchG und der dafür erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen.
Die Antragstellerin befasst sich mit der Herstellung, dem Vertrieb der Installation und Wartung von Aufzügen, Fahrtreppen und anderen Transportsystemen. Die Antragstellerin unterhielt insgesamt 39 Niederlassungen einschließlich ihrer Zentrale in C.. Der für die Niederlassung Düsseldorf gewählte Betriebsrat ist der Beteiligte zu 2). Bei der Antragstellerin ist zudem ein Gesamtbetriebsrat gebildet.
Die Antragstellerin beschäftigte in ihrer Unternehmenszentrale und im Betrieb „Electronic Systems” in C. rund 370 Mitarbeiter. Rund 2.000 Arbeitnehmer gehörten bundesweit zur Montageorganisation. Die 39 Niederlassungen waren auf sechs regionale Geschäftsbereiche aufgeteilt. Diesen stand jeweils ein Regionalmanager vor. Der Schwerpunkt des Arbeitseinsatzes der Monteure ist die Wartung bestehender Aufzugsanlagen und Fahrtreppen bei den Kunden. Den Monteuren wurde ein Dienstfahrzeug sowie ein Mobiltelefon zur Verfügung gestellt. Ausgangsort der täglichen Arbeit war ihre Wohnung. Die Arbeitseinsätze wurden den einzelnen Monteuren durch die der jeweiligen Niederlassung zugehörigen Meister zugeteilt. Bundesweit gab es bei der Antragstellerin nur 128 Vollzeitstellen „stationärer” Büromitarbeiter.
Die Antragstellerin organisierte ihre Arbeitsschutzorganisation unternehmensweit einheitlich. Hierzu schloss sie am 24.07.2000 mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat die Gesamtbetriebsvereinbarung „Erstellung und Einführung von Betriebsanweisungen zur Arbeitssicherheit der Außenorganisation”. Auf dieser Grundlage wurden verschiedene Betriebsanweisungen zur Arbeitssicherheit, zum Gesundheitsschutz und zur Unfallverhütung mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbart.
Für jede Region gab es bei der Antragstellerin eine Fachkraft für Arbeitssicherheit, welche disziplinarisch dem bei der Unternehmenszentrale angesiedelten Direktor für Arbeitsschutz unterstand. Diese Fachkräfte hatten ihren Arbeitsplatz in einer Niederlassung. Hierzu bestand eine Gesamtbetriebsvereinbarung „Über den Einsatz der Fachkräfte für Arbeitssicherheit” vom 19.10.2007. Zudem gab es bei der Antragstellerin eine zentrale Abteilung für Umwelt, Gesundheit und Arbeitssicherheit in der Unternehmenszentrale in Berlin.
In einem Schreiben des Beteiligten zu 2) an den Gesamtbetriebsrat vom 18.09.2006 hieß es u.a. wie folgt:
„Betr.: Übertragung von Aufgaben
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Hiermit beauftragt der Betriebsrat der Niederlassung Düsseldorf den Gesamtbetriebsrat der P. GmbH & Co. OHG für ihn die Verhandlungen aufzunehmen über eine Betriebsvereinbarung Gesundheitsschutz und Beurteilung der Arbeitsbedingungen.
Der Betriebsrat der Niederlassung Düsseldorf hat am 18.09.2006 mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Beschluss gefasst, den Gesamtbetriebsrat gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG mit der Verhandlung über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu beauftragen.
Wir sind davon überzeugt, mit diesem Schritt auch im Interesse unserer Mitarbeiter und des Gesamtbetriebsrates zu handeln, und hoffen auf ein gutes Verhandlungsergebnis.”
Die vorgedruckte Zeile „V. X.” war durchgestrichen. Darüber befand sich die Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden G.. Daneben war der Zusatz „BRV 05/06/2007” angebracht.
Am 23.03.2007 schlossen die Antragstellerin und der Gesamtbetriebsrat in dem Verfahren Landesarbeitsgericht-Berlin – 13 TaBV 281/07 –, nachdem der Gesamtbetriebsrat 23 Beauftragungen von Einzelbetriebsräten überreicht hatte, einen Vergleich mit folgendem Inhalt:
- Zur unparteiischen Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Regelun...